276 Die österrtichisch-Ungarische Ulonarchie. (Ende März.)
haus-Mitgliedern waren etwa 10 polnischer, einer (Miklosich) slovenischer
und, wenn man von den paar böhmischen Kavalieren zweifelhafter Nationa-
lität absieht, kein eingiger czechischer Nationalität, dagegen 170 Deutsche von
Geburt und Gesinnung. Heute zählt das Abgeordnetenhans 57 Polen, 3
Ruthenen, 53 Czechen, 13 Slovenen, 10 Kroaten, 1 Serben, 5 Rumänen
und etwa 12 Italiener, dann rund 200 Deutsche. Erlangt das vom Ab-
geordnetenhaus angenommene Wahlreformgesetz Geseheskraft, dann dürfte sich
das Nationalitätenverhältnis in der zweiten Kammer folgendermaßen stellen:
58 Polen, 3 Ruthenen, 65 Cgechen, 14 Slovenen, 12 Serben und Kroaten,
6 Rumänen, 12 Italiener und 183 Deutsche, so daß also die 8 Millionen
Dentschen nach wie vor stärker im Abgeordnetenhause vertreten sein werden,
als die 14 Millionen anderer Nationalitäten. Da in dem Kampfe gegen
die Expansiv- Bestrebungen der Slaven die Deutschen auch auf die Unter-
stügung der Italiener, im Kampfe gegen den Panslavismus aber auch auf
das Bündnis der Polen rechnen können, so ist die Gefahr eines flavischen
Parlaments absolut ausgeschlossen, und ein deutsches Parlament darum auch
nicht denkbar, weil die deutschen Klerikalen von dem Pangermanismus min-
destens ebensowenig wissen wollen, wie die Polen von dem Panslavismus.
Würde aber das Ideal Ed. Sueß' und anderer Redner der Verfassungspartei
sich vervirtlschen, und ein Volkshaus auf breiter Grundlage, die keine andere
sein kann als die des allgemeinen Stimmrechls, erstehen, dann würden in
den Neicherat 80. Cncchen, 53 Polen, 19 Slovenen, 43 Ruthenen, 10 Serbo-
Kroaten, 13 Italiener, S Rumänen und etwa 127 Deutsche kommen; kurz,
das Parlament würde ebenso flavisch werden, wie es früher deulsch war,
und da dann von den 127 Deutschen mindestens 40 der klerikalen Partei
sich anschließen dürften, so sänle die Vertretung der deutsch-liberalen Be-
völlerung auf ein Minimum herab.“
Dagegen lanten die Anßerungen der deutschgesinnten Blätter
ÖSsterreichs allerdings ganz anders. Ihre Stimmung ist sichtlich eine ge-
drückte und ihre Anschauungen sind vielfach sehr pessimistische, allerdings
ohne darum den Mut zu verlieren, das anstürmende, Slaventum wie bisher
so auch weiterhin euergisch und auf der ganzen Linie zu bekämpfen. In
Böhmen ist der Kampf der beiden Nationalitäten, der deutschen und der
czechischen, sortwährend am lebhaftesten; aber es läßt sich nicht mehr läng-
nen, daß die Czechen bereits das Übergewicht erlangt haben, und daß sie mit
dem Erreichten noch lange nicht zufrieden sind und nicht ruhen werden, bis
sie die Herrschaft im Landtage werden errungen haben, ja daß sie auf die
Herstellung eines antonomen Königreichs Böhmen mit Mähren und Schlesien
durchaus nicht verzichtet haben. Und dazu kommen nun in nenester Zeit
die Bestrebungen der Slovenen, die ganz auf den Wegen der Czechen
gehen, in Krain und Laybach einen festen Ausgangspunkt gewonnen haben
und von da aus in den sämtlichen deutschen Alpenländern eine Bewegung
zu organisiren bemüht sind, die ganz nach dem Vorgange der Czechen über-
all „Gleichberechtigung verlangt, die deutschen Elemente auseinanderzusprengen
sucht und sich — analog dem Königreich Böhmen — in der Idee eines schließ-
lich aufzurichtenden slovenischen „Königreichs Illyrien“ wiegt. Unter dem
Titel: „Der Kampf der Deulschen und Slovenen“" siellt ein Wiener
Blatt die Thatsachen zusammen und schließt dahin: „Es wird nicht lange
währen, und die Slovenen werden eine Rechtsakademie in Laybach mit
slovenischer Unterrichtssprache begehren, welche sie ja wiederholt verlangt
haben, wenn sie es nicht vorziehen, die Grazer Universität für sich mit zu
beanspruchen und daselbst flovenische Vorlesungen zu fordern. Sie werden
sich darauf berusen, daß zwischen 1848 und 1850 in Laybach slovenische
Vorlräge über österreichisches Eivil= und Strafrecht, allerdings nur von