284 Die Oflerreichisch-Angnrische Mionarchie. (April 29.)
Der Orgauisalionsenlwurf nimmt nur die Bildung von vier Infan-
lerie= und vier Trainkompagnien in Aussicht in der Stärke von je etwa
hundert Mann. Nach dem früheren bosnischen Wehrgeseh sollte ein bos-
nisches Kontingent von 12,000 Mann aufgestellt werden, welches in etwa
zehn Jahren komplet formiert sein sollte. Man scheint also jetzt davon ab-
gekommen und nur eine geringere Anzahl Wehrpflichtiger einstellen zu wollen,
lediglich um das Prinzip zu wahren.
29. April. (Ssterreich.) Der (czechische) Justizminister Prazak
richtet bez. der Anwendung der slovenischen Sprache einen Erlaß an
das Grazer Oberlandesgericht, dessen Hauptinhalt in folgender Ver-
fügung besteht:
Für den Gebrauch der slovenischen Sprache bei Gericht sind im Her-
zogtum Krain, in dem Gerichtshofsprengel Cilli des Herzogtums Sieler-
mark, dann in den flovenischen und sprachlich gemischten Gerichtsbezirken
des Her bezogtums Kärnten die Bestimmungen der Juslizministerial- Erlasse
vom 15. März 1862, vom 20. Oktober 1866 und vom 5. September 1867
maßgebend und haben sich alle Gerichte in Zukunft genau nach diesen Be-
stimmungen zu benehmen. Insbesondere müssen die Bestimmungen des Ab-
satzes 4 des zuerst erwähnten Erlasses vom Jahre 1862, welcher allgemein
anordnet, daß Eingaben, die in der flovenischen Sprache überreicht werden,
anzunehmen sind, sowie die ergänzende Bestimmung des nachgefolgten Er-
lasses vom Jahre 1866, welche zu diesen Eingaben alle in Civil= und Straf-
sachen vorkommenden Eingaben und namentlich die Rechtsklagen zählt,
strenge befolgt werden, und darf diese Befolgung nicht weiter auf den Fall
eingeschränlt werden, daß die überreichende Person des Deutschen nicht
mächlig ist. Die deutsche Presse ist über diese Sprachenverordnung
nicht wenig überrascht. Denn das bestehende Gesetz stellt ausdrücklich in
allen jenen Gerichtsbezirken die deutsche Sprache als die gerichtsübliche hin.
Deshalb haben die Richler des Grazer Oberlandesgerichts die frühern, dem
Gesetze widerstrebenden Verordnungen des Ministers einfach ad acta gelegt,
weil ihnen kraft der Staatsgrundgesetze das Recht zusteht, die Verordnungen
des Minislers auf ihre gesehliche Gültigleit hin zu prüfen. Bermutlich
werden die Richter des Grazer Gerichtssprengels auch in Zulunft dasselbe
Verfahren anwenden. Minister Prazak hat ihr Recht, das zu thnn, in einer
Rede vom 10. März, welche er in der Debatte über das Justiz-Budget
hielt, selbst anerkannt. Er gab nämlich zu, daß ein eigenes Gesetz not-
wendig sein werde, um die belreffenden „Schwierigkeiten“ zu lösen; er ver-
sprach, ein „olches im Herbste dem Hause vorgulegen. Damit ist ciran,
daß diese Frage nur auf gesehlichem Wege gelöst werden kann. Jetzt will
er sie aber doch einfach, auf dem Verordnungswege lösen. Der erste Schritt
zur „Gleichberechtigung" der Slovenen ist damit geschehen und zwar in der-
selben Weise wie s. Z. in Böhmen die Befriedigung der czechischen An-
sprüche.
Reichsrat: Schulausschuß: beschließt auf den Antrag des (czechi-
schen) Abg. Kviczala mit allen Stimmen gegen diejenigen der Linken,
die Regierung aufzufordern, in den Mittelschulen in den von Slove-
nen bewohnten Landesteilen für die Schüler slovenischer Muttersprache
diese Sprache nach Maßgabe der vorhandenen Lehrbehelfe als Unter-
richtssprache einzuführen und speziell in Laybach neben dem deutschen