Die Osterreichisch-Angaristhe Monarchie. (Juli 29—30.) 301
dreifachen Landessprache in Schlesien — deutsch, polnisch und czechisch
— wird von Prag und Krakau aus genährt und nachgerade sehr leb-
haft betrieben. Die Regierung verhält sich gegen dieselbe noch ziem-
lich passiv. Sollte sie ihr dagegen früher oder später entgegenkom-
men, so wird der Umschwung kaum ohne Einfluß auf die Wasser-
polaken in preußisch Schlesien bleiben und daher der preußischen
Regierung kaum sehr angenehm sein.
29. Juli. (Galigien.) Der am 12. Juni gegen die Führer
der Ruthenen begonnene große Hochverratsprozeß vor dem Schwur-
gericht in Lemberg kommt endlich zum Abschluß und die Vermu-
tung, daß die ganze Sache von den Polen gegen die Nuthenen über
alle Gebühr aufgebauscht worden sei. bestätigt sich vollständig. Kein
einziger der Ruthenenführer wird wegen Hochverrat, wozu alle und
jede thatsächliche Unterlage fehlte, verurteilt. Das Gericht spricht nur
gegen einige der Angeklagten und nur 3 bis Zmonatliche Freiheits-
strafen aus „wegen Störung der öffentlichen Ruhe.“ Der Haupl-
angeklagte, Hofrat Dobrzanski, wird vollständig freigesprochen. In-
zwischen waren die Angeklaglen ein volles halbes Jahr in Unter-
suchungshaft gewesen.
30. Juli. (Ungarn.) In Nyiregyhasa wird endlich die Vor-
untersuchung gegen die des Mordes der am 1. April in Tisza-Esglar
verschwundenen Esther Solomossy angeklagten Inden beendigt. Gegen
4 wird die Anklage des unmittelbaren und vorsätzlichen Mordes,
gegen 7 die der Mitschuld durch Wachestehen und gegen 6 die der
Vorschubleistung im allgemeinen erhoben. Die gange Untersuchung
beruht auf der Aussage des kleinen Sohnes eines der Angeklagten
gegen seinen Vater. Sonst hat die Untersuchung ein absolut nega-
tives Resultat ergeben: weder liegt ein Geständnis irgend eines der
Angeklagten vor, noch konnte eine gravierende Zeugenaussage be-
schafft werden trotz aller Bemühungen des nichts weniger als un-
befangenen Untersuchungsrichters Bary.
30. Juli — 19. September. (Bosnien und Hergegowina.)
Der Reichsfinanzminister und Chef der Verwaltung der okkupierten
Provinzen v. Kallay unternimmt mit dem Civiladlatus Baron Ni-
kolics eine längere Vereisung derselben, um sich selbst von den Zu-
ständen zu unterrichten und zugleich um die ersten Anordnungen
persönlich zu treffen.
Die vorhergegangenen Beratungen Kallay's mit den beiderseitigen
Regierungen haben zur Feststellung einer Instruktion gejührt, durch welche
alle Zivilbehörden dem Zivil-Adlatus untergeordnet werden und diesem das