Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Die östetrtichisch-Ungarische Monarchie. (Sepl. 14- 17.) 313 
in Wien auch seinerseits, und zwar einstimmig, ab. Sogar die von 
der Regieruug ernannten Mitglieder stimmen gegen das Vegehren. 
14. September. (Galizien.) Unter den im Laufe des Sep- 
tembers zusammengetretenen Landtagen erregt derjenige von Galizien 
das meiste Interesse. Die Negierung hat demselben den Nachlaß der 
ca. 72 Millionen Grundentlastungsschuld vorgelegt, aber mit der 
Klausel, daß der Jahresbeitrag zu diesem Zwecke aus den Mitteln 
der gesamten Reichshälste künftig von 2,600,000 G. um eine halbe 
Million auf 2,100,000 G. herabgesetzt werde. Der Landtag ist nun 
zwar sehr bereit, das Geschenk anzunehmen, will aber von der Klausel 
nichts wissen. In dieser Beziehung denkt er durchaus nicht födera- 
listisch. — Ein Antrag, die die Juden betreffenden galizischen Gesetze 
zu revidieren, führt zu einer Judendebatte, in der die Inden mit 
Anklagen und Beschuldigungen förmlich überschüttet werden, wäh- 
rend der Landmarschall die jüdischen Abgeordneten gar nicht zu 
Worte kommen läßt. 
Mitte September. (Galigien.) Die jüdischen Flüchtlinge 
aus Rußland in Brody sind von 15,000 Köpfen durch Repakriie= 
rung und Auswanderung nach und nach doch schon auf 2208 herab- 
gemindert worden. 
16. September. (Triest.) Die Polizei entdeckt und verhin- 
dert ein drittes Bomben-Attentat, das während des Aufenthalts 
des Kaiser= und Kronpringen-Paares ausgeführt werden sollte. In 
Vicone werden zwei verdächtige aus Italien gekommene Fremde 
überrascht, während sie eben an der Füllung von Bomben mit 
Nitroglycerin arbeiteten. Der eine entkommt, der andere wird er- 
grissen. Der Ergriffene heißt Wilhelm Oberdank; geboren 1858 in 
Triest, absolvierte er dort die Oberrealschule und bezog dann die 
Wiener technische Hochschule, von wo er im Mai 1878 zu dem Rc- 
giment, zu welchem er assentiert war, einberufen wurde. Von dort 
desertierte er und wendete sich nach Rom, wo er seine Studien mit 
Unterstützung der Irredenta fortgesetzt haben soll. 
17. September. (Böhmen.) Die Czechen gehen bezüglich der 
Schulen bereits um einen Schritt weiter: sie verlangen nicht bloß 
czechische Volksschulen, wie sie deren jetzt überall haben, sondern 
auch, daß kein chechisches Kind in einc deutsche Volksschule aufge- 
nommen werden dürfe. Eine zahlreich besuchte czechische Volks- 
versammlung in Hradisch fordert ein Gesetz in diesem Sinne. — 
In dem Prager Vororte Holoschowitz wird eine vom deutschen Schul-
	        
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