Die chkterreichisch-Augarische Maonarchie. (Okt. 20.) 321
gefallen lassen, aber auch das nur in der Weise, daß er vom Reiche nach
wie vor geleistet, von Galizien aber vom Jahre 1899 an zurückbezahlt
werde. In einer erneuerten Debatle über die Indenfrage müssen die
Gegner der Inden ihre Anklagen und Beschuldigungen wider die Inden
wesentlich zurückuehmen und sich ausdrücklich dagegen verwahren, gegen die
Inden ekwa à la Schönerer vorgehen zu wollen. In der Schulfrage be-
schließt der Landtag eine Nevision des Reichsschulgesetzes zu fordern und in
einer Refolution auszusprechen, daß das Reichsvolkeschulgeselz auf verfassungs-
widrige Weise zu stande gekommen sei und der Reichsrat seine Rompetenz
in Volksschulsachen an die Landtage abzugeben habe. Die Ruthenen
bringen ihre Klagen über die Vergewaltigung des ruthenischen Elements
überhaupt und namentlich auch im Schulwesen nachdrücklich zur Sprache,
jedoch selbstverstndlich ohne Ersolg gegenüber der polnischen Mehrheit.
Auch der Regierung ist es noch nicht eingefallen, für Galizien eine Sprachen-
verordnung nach dem Muster der böhmischen, der flovenischen oder der gegen-
wärtig in Vorbereitung besiwdiichen schlesischen zu erlaffen, Endlich urgiert
der Landlag auch wieder die Polonisierung der ga lizischen Eisen-
bahnen. Dieser Wunsch steht seit Beginn der Ära Taaffe auf der Tages-
ordnung, und die Polen haben auf dessen Realisierung vorläufig nur des-
halb verzichtet, weil sie viel praktischere Errungenschaften, wie die Grund-
steuer-Regulierung, die Transversalbahn und das 75-Millionen-Geschenk unter
Dach und Fach zu bringen hatten. Ist einmal die Serie dieser Konzessionen
erschöpft, dann kommen wieder die Polonisierungs- Tendenzen an die Reihe,
denen vor allem die galizischen Bahnen zum Opfer fallen sollen.
20. Oktober. (Triest.) Der triestinische Irredentist Ober-
dank wird vom Kriegsgerichte zum Tode verurteilt. Die Anklage
lautete auf Hochverrat, versuchten Meuchelmord und Desertion.
Oberdank verweigerte in entschiedenster Weise jede Angabe über seine
Konwlizen und die Mitglieder jener Liga, welcher er angehört und die das
durch seine Verhaftung vereitelte Attentat beschlossen hatte; er soll nur an-
gegeben haben, daß er durch das Los zur Ausführung des Bombenattentats
beslimmt worden sei.
20. Oktober. (Schlesien.) Der Justizminister Dr. Prazak
erläßt die längst erwartete Sprachenverordnung „in Vetreff des Ge-
brauchs der in Schlesien üblichen Sprachen im Verkehr der Gerichte.“
Der Inhalt dieser Sprachenverordnung unterscheidet sich in sehr
wesentlichen Stücken von jenem der unter dem 19. April 1880 für Böhmen
und Mähren erflossenen Sprachenverordnung: Während die letztere von den
Ministern des Innern und der Justiz ausging und sich auf die politischen
wie auf die Crrchtsbehörden bezog, erstreckt sich der neueste Erlaß des
Dr. Pragal lediglich auf die Gerichte und die Staatsanwaltschaften. Die
böhmische Sprachenverordnung verpflichtet die Behörden, die Erledigung. in
derjenigen Landessprache ausgufertigen, in welcher die Eingabe gemacht wurde;
der Erlaß für Schlesien verhält die Gerichte nur, Eingaben in czechischer,
beziehungsweise in polnischer Sprache anzunehmen. In Böhmen und Mähren
sind prolokollarische Erklärungen der Parteien in jener Landessprache aufzu-
nehmen, in der sie abgegeben worden; in Schlesien dagegen sind nur jene
Erklärungen, auf deren Worklaut es ankommt, in der Sprache, in der sie
abgegeben wurden, zu Protokoll zu bringen. In Böhmen und Mähren
haben alle nicht auf Einschreiten der Parleien erfolgenden behördlichen Aus-
sertigungen in jener Sprache zu erfolgen, die von dem Adressalen gesprochen
Schulthess, Europ. Geschichtskalender. XXNlIII. Bd. 21