342 Die chsterreichisch-Angarische Monarhir. (Dez. 27—31.)
naiven, über ihre eigenen Ziele nicht sonderlich klaren Bewegung sein werden,
das vermag jeht noch niemand zu sagen. Viel wird darauf ankommen, wer
sich ihrer Führung bemächtigen, mit wie viel Talent und mit wie viel Auf-
richtigkeit sie gelenkt werden wird. Aber wie dunlel auch die Ziele der
Vauernbewegung sein mögen und wie widerspruchsvoll sie auch in ihren
Anfängen auftrikt: für die Gegenwart bedeutet sie in jedem Falle einen
Fortschritt, weil sie eine Emangipalion der Geister von der Gedankenlosigkeit
darstellt. Wie wenig Erfreuliches bisher auch die Agitation unter den
Bauern zu Tage gefördert hat, wie rücksichtslos auch darin der Klassen-=
Cgoismus sich präsentiert, es ist schon zu loben, daß der österreichische
Baner überhaupt anfängt, mit öffeullichen Angelegenheiten sich zu beschäf-
tigen, selbst über seine Interessen nachzudenken. sie zu vertreten und zu ver-
folgen, während er dies bisher gleichgiltig und stumpfsinnig dem Klerus über-
lassen hatte, der auf dem Rücken der Massen zur Wichtigkeit einer politischen
Partei emporgestiegen ist.
27. Dezember. (Ssterreich.) Wien und die deutschen Öster-
reicher feiern an diesem Tage das sechshundertjährige Jubiliäum der
Dynastie Habsburg. Am 27. Dezember 1282 belehnte Rudolf von
Habsburg seinen Sohn Albrecht mit den österreichischen und steiri-
schen Ländern, nachdem er dieselben zuvor in blutiger Schlacht dem
Böhmenkönig Ottokar abgenommen, der sich dieselben ohne Recht
angeeignet hatte.
Der Kaiser empfängt zahlreiche dentsche Deputationen, aber keine
solche des eicheraag die offiziöse Presse feiert. den Erinnerungs tag nur sehr
lau und die Czechen machen gar nicht mit. Die „Politik“ preist im Gegen-
teil den König Otlokar als den Schöpfer der Idee, ein von der unnatür-
lichen Verbindung mit Deutschland losgelöstes Österreich u
gründen. „Narodni Listy“ erklären, das Habs sburg-Jubiläum sei kein Iu-
bilämm der Monarchie und Cisleilhaniens, es sei ein rein dynastisches Fest.
Nach der Schlacht auf dem Marchfelde hätten die Czechen erst ihre glor-
reiche Geschichte mit den Helden Huß, Zizla und Georg von Podiebrad ge-
habt. Der 27. Dezember habe für die anderen Länder, außer für die alt-
österreichischen, keine Vedentung.
30. Dezember. (Galizien.) Die ursprünglich so schwierige
Frage der 15,000 jüdischen Flüchtlinge aus Rußland in Brody ist
glücklich abgewickelt und erledigt worden: die letzten 39 sind nach
Amerika abgegangen.
31. Dezember. (Österreich-Ungarn.) Die Durchführung
der neuen Armeeorganisation kann im wesentlichen bereits als ab-
geschlossen betrachtet werden.