Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

350 Spauien. (Ang. — Anf. Okl.) 
jedoch entschlossen, diesem Begehren nicht nachzugeben und der König ist 
aus guten Gründen entschieden nicht geneigt, den Kriegsminister Martinez 
Campos, "auf den er sich unter allen Umständen verlassen kann, fallen zu 
lassen. Die Serranisten haben keine Aussichten, zur Gewalt zu kommen, 
außer durch den guten Willen und die Entscheidung des Königs, wie es auch 
bei der Ersetzung Canovas del Castillo durch Sagasta der Fall war. Wie 
die Zustände in Spanien sind und noch auf lange hinaus bleiben werden, 
hängkt der Ausfall jeder Nenwahl der Corles zum weitaus größten Teile 
lediglich von dem jeweiligen Ministerium ab. So gebot Canovas über eine 
kompakte Mehrheit der Cortes, so lange er die Regierungsgewalt in der 
Hand hatte, jebt ist dasselbe bez. Sagasta's der Fall und wäre auch der 
Fall, wenn Serrano vom König zur Regierung berufen würde. Vorerst 
denkt aber der König offenbar noch nicht darau. 
— August. In verschiedenen Teilen Spaniens, vor allem in 
Andalusien, ist schwerer Mißwachs eingetreten, der die Finanglage 
und die in Angriff genommene Finanzreform gefährlich bedroht. 
Auf dieser aber beruht die ganze Hoffnung einer allmäligen Hebung 
des Landes. Unter solchen Umständen wird daher das eifrige Be- 
streben des Madrider Kabinets, sich an der Schlichtung der ägyp- 
tischen Frage zu beteiligen und womöglich vermittelst derfelben in 
den Rat der Großmächte eingutreten, ziemlich allgemein nicht als 
geitgemäß und wohlberaten erachtet. 
— September. In Folge der ägyptischen Wirren ist ganz 
Nordafrika in einen fieberhaften Zustand geraten. In Marokko ist 
ein Aufstand ausgebrochen, dessen der Sultan nur mit Mühe Herr 
werden wird. 
Unter diesen Amständen spekuliert Spanien von Centa aus auf den 
nördlichen Teil des Landes, während England seine Augen auf die kanari- 
schen Inseln geworfen hat, die es längst gerne an sich bringen möchte. 
Zwischen Spanien und Marocco werden förmliche Unterhandlungen einge- 
leitet bez. des Erwerbs gewisser stralegischer Positionen nächst den Plätzen 
Cenla und Melilla im Austausch gegen die Insel Santa Cruz de Mar 
Piquena, welche durch den Vertrag von 1860 an Spanien gekommen und 
wegen der daselbst betriebenen ausgedehnten Fischerei von Vedentung ist. 
Durch diese Gebielsregulierung würde Spanien zu einer soliden Operations- 
basis auf marokkanischem Boden, im Hinblick auf elwaige kriegerische Even- 
tualitäten, gelangen. 
Anfang Oktober. Da der Wiederzusammentritt der Cortes 
näher rückt, so bereitet sich die sog. dynastische Linke unter ihrem 
Haupte, dem Marschall Serrano, Herzgog della Torre, schon jetzt zu 
einem ernstlichen Sturme auf das Ministerium Sagasta und ein 
Programm vor, das aber vorerst noch geheim bleiben soll. 
luch die demokratische Gruppe Martos, Montero, Echegaray trilt 
bemnselbeh wemtestens halb und halb bei. Nur die entschiedenen Republikaner 
verweigern ihre Unterstützung, indem Zorikla erklärt: „Ich bin Republi- 
kaner und will als solcher sterben. Ich habe bisher geglaubt und werde 
es immer glauben, daß in Ländern, wie das meinige, wo die Regierung das
	        
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