Frankreich. (März) 4—11.) 391
4. März. Kammer: genehmigt den Gesetzentwurf, der die
freie Wahl der Maires in allen Gemeinden, nur Paris ausgenom-
men, den Gem.-Näten überträgt. Bisher besaßen dieses Recht nur
ca. 33,000 Gemeinden, während in den 3000 übrigen (Departements-
hauptorten 2c.) die Maires von der Regierung ernannt wurden.
7. Märg. Kammer: beschließt mit 313 gegen 139 Stimmen,
einen Antrag Boysset's (äußerste Linke), das Konkordat von 1801
aufzuheben, in Betracht zu ziehen und denselben einer Kommission
von 22 Mitgliedern zu überweisen. Bei der Wahl dieser Kom-
mission ergibt sich, daß nur 2 Mitglieder derselben für den An-
trag sind.
Die gemäßigte Presse unterzieht den Beschluß einer für die Lage be-
zeichnenden Krilik. Einmal ladelt sie die eingerissene Gewohnheit, alle nur
möglichen Anträge sofort auch in Betracht zu ziehen, in der Meinung, daß
ein solches erstes Botum weiter gar leine Folgen habe, sondern lediglich ein
Ausdruck kollegialer Höflichkeit sein solle; dadurch verliere aber die Inbe-
trachtnahme jeden Wert, die öffentliche Meinung werde irre geführt und die
Kammer durch die Oberflächlichleit, mit welcher hiebei die wichtigsten Fragen
erörtert würden, bloß gestellt. Noch bedenklicher aber sei die neuerdings
ausgesprochene Tendenz der Kammer, sämtliche große Verwaltungszweige
durch permanente, an Zahl slarke und imposante Ausschüsse an sich zu reißen.
Dadurch werde die Regierungsgewalt als solche geschwächt und ein parla-
mentarisches Alleinregiment eingeführt, durch welches die Kammer in die
Fußstapfen des Konvents von 1795 trete.
7. und 11. März. Beide Kammern genehmigen die mit den
großen Eisenbahngesellschaften abgeschlossene Konvention, nach wel-
cher ihren Mitgliedern gegen einen monatlichen Abzug von nur
10 Fr. von ihrem Gehalt freie Fahrt erster Klasse auf allen Linien
gewährt wird, was jeder Andere mit 1100 Fr. monatlich bezahlen
müßte.
11—23. März. Senat: Ernenerte Beratung des von der
Kammer an den Senat zurückgewiesenen Gesetzentwurfs betr. den
obligatorischen und weltlichen Volksschulunterricht. Zuerst Jules
Simon und dann die gesamte Rechte machen dem Gesetz Schritt
für Schritt eine vielfach überaus leidenschaftliche und schließlich so
hartnäckige Opposition, daß sie aun Obstruktion grenzt. Indes wer-
den alle Amendements verworfen und wird das Gesetz nach den
Beschlüssen der Kammer als Ganzes mit 179 gegen 108 Stimmen
angenommen.
Gleich zu Art. 1, welcher die Unterrichtsgegenstände aufzählt, bean-
tragt Jules Simon neuerdiugs das Amendement: „Die Lehrer unterweisen
ihre Schüler in den Plichten gegen Gott und gegen das Vaterland“, welche
Fassung der Senat im vorigen Jahre und vor seiner Erneuerung angenom-