Frankreich. (April 16—30.) 395
„Univers“, thut das ihrige und schürt zum Widerstande gegen das Geseh und
die weltliche Gewalt überhaupt. Dagegen laulen die IJnstruktionen der
Bischöfe fast durchweg viel mäßiger und geben teilweise ausdrücklich zu, daß
man das Gesez auerlennen und ihm gehorchen müsse. Es hängt eben Alles
davon ab, wie das Gesetz, namentlich bez. des Religionsunterrichts neben
der Schule, ausgeführt werden wird.
16. April. Die Gemeindemahlen in ganz Frankreich zeigen
vielfach eine so große Indifferenz der Massen, daß in einer Reihe
von Städten gar keine Wahl zustande kommt. Die Sozialdemo-
kraten haben einige Erfolge aufsuweisen, größere freilich die Mo-
narchisten und Klerikalen. Doch gehören weitaus die meisten Ge-
wählten der republikanischen Partei an.
23. April. Die Regierung erläßt ein Dekret über die Re-
organisation der Verwallung von Tunis.
Dasselbe regelt den Verkehr der Minister mit dem diplomatischen
Vertreter Frankreichs in Tunis bezjüglich der in ihr respektives Ressort
fallenden französischen Interessen. Zur Vereinsachung des Dienstes soll der
Ministerresident fortan direlt mit den einzelnen Ministern korrespondieren,
jedoch immer eine Abschrift dieser Korrespondenz an das aus swörtige Amt
leiten, damit dieses die inlernationale Seite der ausgeworfenen Fragen prüfen
könne. Für die militärischen Augelegenheiten wird in dem bisherigen Ge-
schäftsverlehr nichte geändert. Der Justizminister ist beauftragt, eine Ge-
richts zverfassung, jowie die Errichtung eines jfranzösijchen Gerichtshofes für
Tunis, dessen Kompeteng indeß noch nicht die Aufhebung der Kapitulationen
involvieren soll, vorzubereiten. Tie Frage der Finangorganisation bleibt
vorbehalten.
27. April. Die Regierung ernennt eine Kommission zu Prü-
fung eines Projekts bez. Herstellung eines inneren Meeres in der
algierischen Sahara, für welches der Major Roudaire vom General-
stab in einer Reihe von Missionen eingehende Studien gemacht hat.
Unter den Mitgliedern der Kommission ist auch Hr. v. Lesseps und
neben ihm eine Reihe von Mililärs und Mitgliedern des Instituts.
Es würde sich darum handeln, die Landschwelle von Gabes zu durch-
brechen und das Wasser des Mittelmeeres in den Süden der Provinz Kon-
stantine zu leiten, den es schon in früheren Zeiten bedeckt hat, wie dieß die
salzhaltigen Sümpfe, die man Schotts nennt, bekunden. Dieses innere
eer würde nicht nur klimatisch heilsame Wirkungen hervorbringen, wie
man solche an den Ufern des Suezkanals beobachtet hat, sondern auch mit
einem Schlage eine Handelsstraße nach der afrikanischen Sahara schaffen
und zumal eine strategish hochwichtige Schuplinie für die algerischen De-
partements bieten, die dadurch für alle Folge gegen die Einbrüche der
Nomadenstämme der Wüste gedeckt wären. Die Kosten des Unternehmens
werden von Major Noudaire auf etwa sechzig Millionen verauschlagt.
30. April. Bei der Wahl der Maires in den Hauptorten
der Kantone und Arrondissements, welche bisher die Regierung er-
nannt hatte, durch die Gemeinderäte verlieren die Republikaner gegen