Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

398 Franbreich. (IJnni 13—18.) 
weg über Gibraltar erspart bliebe. Die Gesamtkosten werden auf 1500 
Millionen veranschlagt. 
13. Juni. Kammer: nimmt auch in 2. Lesung den Gesetz- 
entwurf Naquet betr. die Wiedereinführung der Ehescheidung mit 
338 gegen 140 Stimmen an. 
Budgetkommission: beschließt ohne weitere Debatte die Ab- 
schaffung der französischen Botschaft beim Vatikan. Freycinet begibt 
sich am folgenden Tage in die Kommission und siellt ihr die Un- 
zweckmäßigkeit des Beschlusses, solange das Regime des Konkordats 
gelte, vor. Die Kommission stellt mit 10 gegen 7 Stimmen den 
Budgetansatz für die Botschaft wieder her. 
15. Juni. Die öffentlich Meinung fängt an, sich sehr leb- 
haft mit der Tonking-Frage zu beschäftigen. 
Tonking war bis 1802 ein unabhängiger Staat, wurde dann Basall 
von Anam, das sich aber durch Steuerdruck sehr mißliebig machtle und die 
Küste den Piraken überließ. Im Jahre 1872 vertrieben die Frangosen 
die Seeräuber; diese kamen aber 1873 wieder und der Kaiser von Anam 
ries daher nenerdings die Franzosen berbei. wogegen er ihnen freie Schiff- 
fahrt auf dem Tang-Koi versprach. Die Franzosen gingen darauf ein und 
eroberten Ha-nois, verloren es aber wieder, worauf 1874 ein Friede ge- 
schlossen wurde, der die Franzosen sehr enttäuschte. Seitdem wurde jedoch 
wie in Tunis das nötige vorbereitet, um das schöne Land dauernd in die 
Hand zu nehmen. Nach der Eroberung Ha’nois betrachteten die Frangosen 
Tonking bereils als das Eigentum der Nepubl ik. In einem Verichte von 
Génin an die Socicté de geographic de I’lst wird Tonking als ein 
zwischen Anam und den reichen chinesischen Südprovinzen höchst vorteilhaft 
gelegenes Gebiet von 500 Km. Länge und fast ebenso großer Breile bezeich- 
net, mit gesundem Klima, unvergleichlicher Fruchtbarkeit und 8 Millionen 
sanfter und ziemlich gebildeter Einwohner, mit dem einzig schiffbaren Flusse 
Indochinas, der Frankreich ein Gebiet von 100 Millionen arbeilsamer und 
zu Handel und Wandel auigelegter Menschen erschließe. 
17. Juni. Das gambettistische Journal „Paris“" veröffent- 
licht einen heftigen Artikel gegen den Herzog von Anmale, in wel- 
chem dieser denunziert wird, daß er auf seinem Schlosse Chantilly 
gegen die Republik konspiriere, zahlreiche Offiziere und Depntierte 
empfange und darauf ausgehe, nach Grevy zum Präsidenten der 
Republik ernannt zu werden u. dgl. 
18. Juni. Kammer: Janvier de la Motte von der äußersten 
Linken bringt als dringlich den Antrag ein, es solle ein Kredit von 
8 Mill. Franken zur Entschädigung für die Wittwen und Waisen 
der Opfer des Kommune-Aufstandes eröffnet werden; es sei dies, 
meint er, das gerechte Seitenstück zu den Indemnitäten, welche in 
gleicher Höhe den Opfern des 2. Degember 1851 zuerkannt worden 
sind. Die Dringlichkeit wird mit 319 gegen 88 Stimmen abgelehnt.
	        
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