Eranbreich. (Juni 19—24.) 399
19. Juni. Kammer: bringt den Naquet'schen Gesetzentwurf
betr. Wiedereinführung der Ehescheidung zum Abschluß und geneh-
migt denselben als Ganzes mit 331 gegen 131 Stimmen.
20. Juni. Kammer: beschließt die Veränßerung der Kron-
juwelen und mit 218 gegen 169 Stimmen nach dem Antrag des
Ausschusses, daß aus dem Grtrag der Grund zu einer Verforgungs-
kasse für die Arbeiter-Invaliden gelegt werden solle. Die Regierung
wollte den Ertrag, ca. 100,000 Fr. jährlich, der für jenen Zweck
doch nur ein Tropfen im Ocean wäre, für die schwach dotierte Kasse
der Staatsmuseen verwenden, erleidet aber eine Niederlage.
21. Juni. Kammer: Budgetkommission: Elemenceau und der
Gambettist Nouvier machen einen mißlungenen Versuch, die bis-
herigen, dem Budget des Finanzministers Say günstigen Beschlüsse
wieder über den Hausen zu werfen.
Die Angriffe der Opposition sind auf zwei Grundsäulen des Say'schen
Budgets gerichtel, einmal auf den Vertrag mit der Orleans-Bahngesellschaft,
nach welchem diese dem Staate 250 Millionen, die er ihr als Borschuß
für Zinsengarantien geleistel hatte, anticipando zurückjahlen soll, so daß die
Negierung der Emission einer neuen Anleihe zur Deckung der Ausgaben für
die öffentlichen Arbeiten überhoben wäre, und zweitens gegen die Art und
Weise, wie Herr Lcon Say die Erträgnisse der indirellen Stenern veran-
schlagt. Er legt nämlich dafür nicht das Erträgnis des vorletzten, sondern
das mutmaßliche Erträgnis des lepten Andgetjahres, diesmal alio des Zahres
1882, zu Grunde, und gelangt so zu einem Plus von 89 Millionen Francs,
mit dessen Hilfe er nicht nur sein Budget ins Gleichgewicht bringt, sondern
auch noch eine gewisse Anzahl permanenter Ausgaben, die bisher mit Un-
recht in das außerordentliche Budget eingestellt worden waren, in das or-
dentliche herübernehmen kann. Hinsichtlich des lehteren Punktes hat der
Ausschuß allerdings auch einige Vedenlen: dagegen bestätigt er neuerdings
den Vertrag mit der Orleans-Vahn mit 15 gegen 10 Stimmen.
22. Juni. Die ägyptische Angelegenheit nimmt die öffentliche
Meinung wieder vorzugsweise in Anspruch. Die Konferenz der
Botschafter tritt in Konstantinopel zusammen; die Pforte verweigert
aber ihre Teilnahme an derselben und ist zu einer Intervention
unter Bedingungen nichts weniger als geneigt. England und Frank-
reich rüsten und die Regierungen legen den Parlamenten Gelb= und
Blaunbücher über die Frage vor. Freycinet wird in der Kammer
von Casimir Perier interpelliert. Es ergibt sich dabei, daß die
Kammer jeder Aktion, jedem Abenteuer entschieden abgeneigt ist.
24. Juni. Kammer: schafft den religiöfen gerichtlichen Eid ab,
indem sie denselben mit 338 gegen 108 Stimmen durch die Formel:
„Auf meine Chre und mein Gewissen schwöre ich“ ersetzt und den Zusatz
„vor Gott und den Menschen“ mit 313 gegen 96 Stimmen streicht.