428 Die päpstliche Kurie. (Sept. 11 — Dez. 23.)
die Besetzung von 27 Bischöfssitzen und hält eine Allokution, in
der er sich aufs neue über Italien und die unwürdige Lage des
Papsttums beklagt.
Lavigerie ist der erste afrikanische Kardinal, seine Thätigkeit in Algier
und Tunis, welche beide in seinem Kirchensprengel liegen, seitdem der franz.
Einfluß den italienischen Bischof Sutter aus Tunis zu verdrängen verstand,
ist mehr eine politische als religiöse und als solche darauf berechnet, dem
italienischen Einfluß bei der nordafrikanischen christlichen Bevölkerung Ab-
bruch zu thun, was für Ilalien um so empfindlicher ist, weil alle christlichen
Schulen der europäischen Kolonien früher fast ausschließlich in den Händen
ilalienischer Mönche waren, welche von der italienischen Regierung beträcht-
liche Geldunterstützungen erhielten und teilweise noch erhalten. Die An-
strengungen # Lavigerie's , um den möglichst größten Einfluß in Afrika zu er-
ringen, wurden aber so auffallend und herausfordernd betrieben, daß es
dem Papste nicht ratsam erschien, wenigstens jeht nicht, dem Wunsche des
Kardinals zu entsprechen und für ihn in Afrika ein Patriarchat, deren es
überhaupt nur neun (Konstantinopel- Alexandrien, Antiochia, Jerusalem,
Babylonien, Cilicien, Westindien, Lissabon und Venedig) gibt, zu stiften,
mit dem natürlich auch die Würde eines Primas der ganzen afrikanischen
Kirchenprovinz verbunden jein würde. Alle Bemühungen Lavigerie's blieben
in diesem Punkte fruchtlos. — Bezüglich der Besehung erledigter Bischofs-
stühle ist die des erzbischöflichen Stuhls von Bologna von besonderer Be-
denkung. Der Papst hatte dam den Mssgr. Parocchi ernannt, die italienische
Regierung aber demselben die Verleihung des Exequatur beharrlich ver-
weigert, bis der Papst schließlich nachgab, denselben zum Kardinal beförderte
und jetzt den Stuhl mit dem Bischof von Nimini beseht. In seiner Allo-
kution beklagt sich denn auch der Papst aufs schwerste über Italien, wo an
20 Diögzesen seit langem auf ihre Hirten warteten, weil die italienische Re-
gierung mit der Erteilung des Exequatur 3ögere, was ein unerträglicher
Mißbrauch seitens des Staates sei und für die Kirche Unterdrücktheit und
klaverei bedente.
11. September. Der Kardinal-Staatssekretär richtet beg. des
Falls Martinuccei (25. Mai) ein Rundschreiben an die Mächte, in
dem er zu beweisen sucht, daß der Papst nicht nur ein Sonverain
de jure, sondern für den Bereich des Vatikans auch de fücto sei.
Von einer Antwort der Mächte verlautet nichts; es scheint, daß sie
die Note einfach ad acta gelegt haben.
25. September. Der Papst ernennt eine Anzahl italienischer
Bischöfe und beklagt sich dabei in seiner Rede von neuem über die
Langsamkeit, mit welcher die italienische Regierung das Exequatur
erteile.
11. November. Der römische Appellhof hält im Fall Mar-
tinucci die Kompetenz der ital. Gerichte bez. der Infassen des Va-
tikans auch seinerseits fest und anerkennt die Exterritorialität des-
selben ausschließlich nur bez. der Person des Papstes (s. Italien).
23. Dezember. Die Kurie verständigt sich mit Rußland über
die Ernennung einer Anzahl polnischer Bischöfe seitens des Papstes.