446 Schweden und Uorwegen. (Anf. April — Mai 22.
— so raisonniert die Storthings zmehrheit — dasselbe hätie schon lange
aufgehoben sein müssen, und wenn solches noch nicht geschehen ist, so halten
wir uns berechtigt, mit dieser Bewilligung vorzunehmen, was uns gut
dünkt. Es wurde auch seinerjeit von der Regierung ein Vorschlag wegen
Umorganisation des Revisionsdepartements und Aufhebung desselben als
besonderes Departement vorgelegt, aber dieser fand nichl den Beifall des
Storthings. Aus diesem Grunde ist die Aufhebung bieher nicht erfolgt.
Aufang April. (Norwegen.) Storthing: genehmigt in
3. Lesung einen Initiativantrag betr. Veräußerung der zu den
Predigerhöfen gehörigen Ländereien.
Das Skorthing will dabei zum erstenmal den § 79 des Grundgesetzes
in Anwendung bringen. Terselbe bestimmt, daß, wenn ein allgemeiner
Gesebhbeschluß (nicht Grundgesetzbeschlus) von drei nacheinanderfolgenden aus
verschiedenen Wahlen hervorgegangenen Storthingen angenommen worden
ist, geltendes Gesetz wird, selbst wenn die königliche Sanktion nicht erteilt
werden sollte. Dies soll jebzt bei diesem Gesetze in Anwendung gebracht
werden. Dasselbe ist nämlich früher schon zweimal vom Storthing ange-
nommen worden, aber die Regierung hat die Genehmigung verweigert. Jetzt
wird er allerdings Gesetz; aber es ist bezeichuend, daß das Storthing in
einer Sache von so geringer Bedeutung seinen Willen unter Anwendung
des bezeichneten Paragraphen des Grundgesetzes durchzwingen will.
20. April. (Schweden.) II. Kammer: erklärt sich mit
großer Mehrheit für Erweiterung des politischen Stimmrechts. Da
sich jedoch die I. Kammer ihrerseits dagegen ausspricht, so kann die
Frage in dieser Session nicht erledigt werden.
27. April. (Norwegen.) Storthing: wählt neuerdings die
Führer der radikalen Vauernpartei, Steen und Sverdrup, mit 77
und 74 gegen 23 und 21 Stimmen zu seinen Präsidenten.
16. Mai. (Norwegen.) Storthing: beschließt mit 87 Stim-
men, einen Antrag Sverdrup's auf Einführung von Geschwornen-
gerichlen einem Ausschuß von 7 Mitgliedern zu überweisen.
22. Mai. (Schweden.) Schluß der Session des Reichstags.
Die Frage der Armeereform ist in derselben, wie übrigens schon die
Thronrede ankündigte, nicht zur Sprache gekommen.
Das Ministerium Posse ist auch nicht geneigt, sie zu urgieren. Die
jehigen Heereseinrichtungen sind allerdings nicht gut: sie sind völlig veraltet
und setzen zum wirllichen Kriegführen Schweden in keiner Weise in stand.
Sie besähigen das Land im Notfall nur zu Aufflellung einer Truppenmacht
von elwa 20,000 Mann in jiemlich kurzer Frist, was doch lediglich zu
einer Demonstration genügen würde. Eine Armeereform hat aber in Schweden
ganz besondere Schwierigleiten, weil das Heerwesen mit der Grundsteuer
unlöslich verquickt ist und eine Armeereform des ehalb ohne eine gleichzeitige
Grundsteuerreform ganz unmöglich ist. Die bisher für die erslen ausfgestellten
Entwürfe (s. 1881, 28. Dezbr.) gehen nun darauf aus, Schweden zu einer
wirklichen Militärmacht zu machen, allerdings in höchst bescheidenen Grenzen.
Allein es ist die Frage, ob dies möglich sei ohne eine ganz bedentende Er-
höhung der Kriegsbudgeks, welche die schwedischen Finanzen kaum zu er-