Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

überlcht der polilischen Eulwickelung des Jahres 1892. 513 
Agyptens gegen die Fremden und zunächst gegen Frankreich und 
England, welche eine Art Herrschaft oder doch Obervormundschaft 
in Anspruch nahmen, und vollendete den Kreis der islamitischen Be- 
wegung, welche den ganzen Süden Nordafrikas in fanatische Er- 
regung sehtzte und die Lage der meist doch nur in den Seestädlen 
zusammengedrängten enropäischen Bevöllerung zu einer höchst un- 
gemütlichen machte. Durch all das wurde Frankreich viel näher 
berührt als England. Es sah darin eine direkte Gefahr für seine 
afrikanischen Besitzungen, um so mehr, als es darin einen einheit- 
lichen in Konstantinopel gefaßten und von dort aus geleiteten Plau 
witterte und meinte, demselben am besten in Agypten entgegentreten 
zu können. So reiite in Frankreich die Idee, das schon Erworbene 
durch neue Erwerbungen, Algier und Tunis durch Agypten zu sichern, 
wobei Tripolis von selbst nachfolgen müßte: das große nordafrika- 
nische Reich Frankreichs wäre dann eine vollendete Thatsache ge- 
wesen. Gambella, der an der Spitze der Regierung stand, ergriff 
die Idee noch vor anderen. Freilich stand ihm in Agypten England 
stark im Wege, da sich dieses unmöglich dort ebenso auf die Seite 
würde schieben lassen, wie es sich Italien in Tunis hatte gefallen 
lassen müssen. Gambekla dachte daran wohl auch gar nicht; er 
wußte im Gegenteil sehr wohl, daß er ohne die Zustimmung Eng- 
lands in Agypten gar nichts machen könne und gab sich daher große 
Mühe, Lord Granville zu überzeugen, daß das Vorgehen der ägyp- 
tischen Militärpartei für die gemeinsame Finanzkontrole und das 
ganze frangösisch-englische Kondominat in Agypten nicht ungefährlich 
sei, zur Zeit aber noch leicht mit wenigen tausend Mann im Keime 
erstickt werden könne, was vielleicht später nicht mehr der Fall sein 
würde, worin er allerdings sehr richtig voraussah. Er schlug daher 
England den Erlaß einer gemeinsamen Note an das Kabinet des 
Khedive vor, die mit der Drohung einer eventuellen Intervention 
Englands und Frankreichs schließen sollte. England ging auf den 
Erlaß einer gemeinsamen Note ein, brach aber der vorgeschlagenen 
Drohung seinerseits die Spitze ab. Offenbar erschien Lord Gran- 
ville die ägyptische Militärpartei für die Interessen Englands vor- 
erst weniger gefährlich, als die geheimen Pläne Frankreichs, das 
nur nach einer Gelegenheit suche, sich in Agypten festzusetzen. Aller- 
dings würden vielleicht dreitausend Mann genügt haben, um Arabi 
und seine Genossen zu Paaren zu treiben; allein da England durch- 
aus kein überflüssiges Militär hat und der Weg von London nach 
Schulthess, GCurop. Geschichtskalender. XXIII. Vd.
	        
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