Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

514 Ubersicht der polilischen Eulwichelung de# Jahres 1882. 
Alexandrien ein ziemlich weiter ist, so hätte es die Beistellung dieser 
wenigen Truppen fast unausweichlich Frankreich, das sie leicht und 
rasch hätte bewerkstelligen können, überlassen und sich allenfalls auf 
die Mitwirkung einiger Schiffe beschränken müssen, deren Rolle es 
gewesen wäre, zuzusehen, wie Frankreich die Arbeit gethan hätte. 
Die wenigen französischen Truppen aber nachher wieder aus dem 
Lande wegzubringen, wäre möglicherweise nicht so leicht gewesen: 
rechtlich würde sich die Stellung der beiden Mächte in und zu 
Agypten freilich nicht verändert haben, aber thatsächlich unter Um- 
ständen sehr bedeutend. Lord Granville lehnte also unter dem 6. Jan. 
1882 den Vorschlag Frankreichs ab und alle Bemühungen Gam- 
betta's, ihn auf andere Gedanken zu bringen, waren vergeblich. Die 
gemeinsame Note wurde in Kairo übergeben, blieb aber, weil ohne 
Drohung, auch ohne Erfolg; Arabi Vey, der Führer der meuterischen 
Obersten, wurde vielmehr gerade in diesen Tagen zum Unterflaatssekre- 
tär des Kriegs im ägyptischen Ministerium Scherif Pascha ernannt. 
Zum Glück für England erfolgte kurz darauf der Sturg des Mini- 
steriums Gambetta in Frankreich und das an seine Stelle getretene 
Ministerium Freycinet hatte vorerst keine Zeit, sich mit den ägypti- 
schen Dingen zu befassen. 
Die Diese konnten sich also ungestört nach dem einmal gegebenen 
Gunht Anstoße weiter entwickeln. Die Verhinderung einer weiteren Re- 
volution.duktion des ägyptischen Heeres war für Arabi und seine nächsten 
Genossen nicht Zweck, sondern nur Mittel zum Zweck gewesen und 
dieser ging allerdings gegen die ganze Stellung, welche die Euro- 
päer und in ihrem Namen und Interesse in den letzten Jahren 
England und Frankreich durch ihre Generalkonfuln und General- 
kontroleure eingenommen hatten. Es läßt sich nicht läugnen, daß 
diese Generalkontrole nicht nur Ordnung in die ägyptischen Finan= 
zen gebracht, sondern auch sonst vielfach wohlthätig im Interesse 
des Landes in die gesamte Verwaltung desselben eingegriffen hat, 
aber noch viel weniger, daß alles in allem genommen die spezifisch 
ägyptischen den spezifisch europäischen Interessen vollständig unter- 
geordnet waren. Das Land seufzte unter einem furchtbaren Steuer- 
drucke, dessen Ertrag in erster Linie zur Bezahlung der Zinsen der 
enropäischen Gläubiger verwendet werden mußte und nur, was 
dann noch übrig blieb, sollte zur Verwaltung des Landes selbst 
ausreichen. Dieses Verhältnis war um so unbilliger und drücken- 
der, als die ungeheuren Summen, die der verschwenderische Ismael
	        
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