Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

20 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 18—20.) 
18. Januar. (Preußen.) Abg.-Haus: der Finanzminister 
Bitter legt das Budget für 1882/83 vor. 
Der Etat balanziert in Einnahme und Ausgabe mit 939.806.617 Mark, 
gegen das Vorjahr mehr 26.736.201 Mark. Die Ausgaben des Ordinariums 
betragen 905.727.373 Mark, welche durch ordentliche Einnahmen im Betrage 
von 905.727.432 Mark gedeckt sind, so daß ein Überschuß von 59 Mark verbleibt. 
Das Extraordinarium beträgt 34.079.244 Mark meist zu Kulturzwecken. Um 
das Gleichgewicht in Einnahme und Aus- gabe herzustellen, müssen 4.839.433 Mark 
durch eine Anleihe gedeckt werden. 
19. Januar. (Preußen.) Die Handelskammer von Han- 
nover protestiert einstimmig gegen den Erlaß des Fürsten Bismarck 
als preuß. Handelsministers vom 30. November 1881 (s. dort den 
Wortlaut des Erlasses). 
20 —21. Januar. (Deutsches Reich.) Reichstag: berät und 
genehmigt in 2. Lesung die Vorlage betr. den Vertrag mit Ham- 
burg, bez. den Zollanschluß desselben, und zwar den entscheidenden 
§ 2 (den Reichsbeitrag von 40 Mill. zu den Kosten) mit einer 
Mehrheit von 171 gegen 102 Stimmen. 
Nach dem Berichte der Kommission war von dieser namentlich 
die Frage erörtert worden, welchen Nutzen das Reich von dem vereinbarten 
Zollanschlusse habe, und ob derselbe so groß sei, daß ein Opfer von 40 Mill. 
Mark dafür gerechtfertigt erscheine. In dieser Beziehung wurde von einer 
Seite behauptet, daß die großen, dem Reiche wie dem Staate Hamburg und 
zahlreichen Privaten zugemuteten Opfer in keinem Verhältnisse ständen zu 
den unbedeutenden, durch den Zollanschluß der Stadt vielleicht entstehenden 
Vorteilen. Andrerseite aber wurde ausgeführt, daß der Reichsbeitrag mit 
Rücksicht auf die polilischen, ethischen und wirtschaftlichen Vorteile keines- 
wegs hoch erscheine; der Staat Hamburg verstehe es sehr wohl, die von ihm 
zu vertretenden Interessen wahrzunehmen, und die für manche Private ent- 
stehenden Nachteile dürften durch die für andere entstehenden Vorteile min- 
destens beglichen werden. Die wesenllichen Vorteile, welche aus dem Zoll- 
anschlusse für Industrie und Exporthandel entstehen, faßte der Vertreter 
der Hamburger Regierung dahin zusammen, daß die Beseitigung der 
bestehenden Zollschranken die beiderseitigen Interessen einander näher bringe. 
Seiner Darlegung zufolge haben schon die Vorbereitungen zur Lösung der 
Anschlußfrage in dieser Beziehung vorteilhaft gewirkt. Auf Einladung der 
Handelskammer hatten maßgebende rheinische und süddeutsche Industrielle 
im Januar v. J. eingehend Kenntnis genommen von dem Hamburgischen 
Handel und Verkehr, um sich ein Urteil zu bilden über die Anschlußfrage 
und über die Folgen des Anschlusses für den deutschen Export. In einem 
im März von ihnen erstatteten Bericht gaben sie der Überraschung Ausdruck 
über den Umfang und die Bedeutung des hamburgischen Handels und Ver- 
kehrs, erklärten die Aufrechthaltung des beschränkten Freihafens im natio- 
nalen Interesse für notwendig, forderten aber zugleich den Anschluß der 
Stadt an das Zollgebiet im Interesse der deutschen Industrie, um eine 
innigere Berührung der Industrie mit dem Exporthandel zu ermöglichen. 
Im September haben sodann 14 Mitglieder der Hamburger Handelskammer 
jenen Besuch durch Besichtigung der Stätten der rheinischen Industrie er- 
wiedert. Dieselben erklärten bei ihrer Rückkehr, in hohem Grade überrascht
	        
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