534 Übersicht der politischen Enlwihriung des Jahres 1882.
England über eine gemeinsame Besetzung des Suezkanals zu ver-
ständigen, wozu Frankreich 41— 8000 Mann stellen sollte, und meinte,
daß wenigstens die Kammer sich dazu herbeilassen würde: Frankreich
wäre dann doch dabei und weiteres eventuell immerhin nicht un-
möglich. Allein gerade davor schreckte die Kammer zurück: am 29.
Juli lehnte sie den dafür geforderten Kredit von nur 9½ Mill.
ab und zwar mit größter Majorität, mit 470 gegen 75 Stimmen.
Gambetta und seine Partei, die freilich viel weiter hätte gehen
wollen, ergriff die günstige Gelegenheit, dem verhaßten Rivalen den
letzten Stoß zu versetzen, und stimmte mit der Majorität gegen Frey-
cinet. Das Kabinet gab seine Demission, Frankreich zog sich von
den ägyptischen Angelegenheiten vollständig zurück und überließ das
Feld ganz und gar England, das eine solche Kleinmütigkeit unmög-
lich hatte voraussehen können, dem sie aber ganz recht sein mußte.
Frankreichs Lage war nach diesem Ereignisse nach innen wie
nach außen eine sehr bedenkliche. Seine Kleinmütigkeit machte nach
außen einen gewaltigen Eindruck und seine inneren Verhältnisse
legten sich sofort als noch schlimmere dar. Grevy war in der
größten Verlegenheit, ein neues Ministerium zusammen zu bringen:
von den hervorragendsten Männern waren die einen unmöglich ge-
worden und hatten die anderen keine Lust, ein solches zu über-
nehmen. Schließlich sah er sich genötigt, sich mit einem bloßen
Das Notbehelf zu begnügen: der alte Senator Duclerc, der bisher gar
Minine keine politische Rolle gespielt hatte, wurde an die Spitze gestellt
Tuelere und gleich darauf wurden die Kammern bis zum November vertagt.
Durch die Vertagung wurde allerlei Schwierigkeiten aus dem Wege
gegangen und zugleich mochte man hoffen, daß die öffentliche Auf-
merksamkeit zunächst durch die sich in Agypten vorbereitenden Er-
eignisse vorzugsweise würden in Anspruch genommen werden. Darin
täuschte man sich jedoch sehr wesentlich. Das neue Ministerium
wurde auf keiner Seite als ein ernsthaftes angesehen und war von
Anfang an mit dem Stempel der Schwäche gezeichnet, im Grunde
mehr, als es dies wirklich verdiente. Aber genug, die Parteien,
Fraktionen und Faktionen glaubten alsbald freieres Feld als bis-
her vor sich zu sehen und es erfolgten Anstürme von links und von
rechts, denen die Regierung allerdings nicht wohl erliegen konnte,
denen sie aber doch nicht gewachsen war und die sie nicht zu zügeln
vermochte. Die Monate August, September und Oktober waren in
Frankreich überaus bewegte. Während die ernsthaften Politiker zu-