28 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 29 -30.)
29. Januar. (Deutsches Reich.) In Fortsetzung des Aus-
tausches besonderer Freundlichkeiten zwischen dem Kaiser und dem
Sultan geht eine Mission bestehend aus dem Generalmajor Fürsten
Nadziwill, dem Major v. Velow, dem Rittmeister Prinzen Reuß
und dem Lieutenant Prinzen Nadziwill, nach Konstantinopel, um
dem Sultan den Schwarzen Adlerorden zu überbringen.
30. Januar. (Deutsches Reich.) Schluß der Session des
Reichstags durch eine vom Staatssekretär v. Bötticher verlesene
Botschaft des Kaisers, nachdem derselbe vorher Namens des Bun-
desrates dem Etat für 1882/ 83, wie er aus den Beschlüssen des
Hauses hervorgegangen sei, die Zustimmung erteilt hatte. Doch
müsse der Bundesrat die Erwartung aussprechen,
daß die in letzter Stunde bei der dritten Lesung des Etats beantragte
und beschlossene Einstellung des neuen. Einnahmekapitels 18A mit einem
Betrage von 10.558.350 Mark aus den Überschüssen für 1881/82 nicht etwa
als ein zukünftig zu einem ähnlichen Verfahren führender Vorgang werde
angesehen werden können, da die verbündeten Regierungen hierin eine nicht
gerechtfertigte Abweichung von den früheren bewährten finanzpolitischen
Grundsätzen und dem bisher eingehaltenen Gange der Etatsberatungen er-
blicken und sie sich deßhalb auch durch die Rücksicht auf das wünschenswerte
baldige Zustandekommen eines giltigen Etatsgesetzes von der Geltendmachung
dieser Anschauungen nicht immer würden abhalten lassen.
30—31. Januar. (Preußen.) Abg.-Haus: Erste Beratung
des Etats für 1882/83. Der Finanzminister erklärt, daß durch den
schließlich nach der Annahme des Antrags Richter (s. 28. Januar)
festgestellten Reichsetat der ursprünglich vorgelegte preußische Etat
dahin geändert werde, daß die Matrikularbeiträge Preußens um
5.839.433 Mark ermäßigt werden und die Regierung daher die allerh.
Ermächtigung zur Zurückziehung der Anleihe von 4.966.700 Mark
nachsuchen werde. Das Haus beschließt, einzelne Teile des Etats,
namentlich das Extraordinarium und den Eisenbahnetat an die
Budgetkommission zu verweisen und die letztere für den Eisenbahn-
etat um 7 Mitglieder zu verstärken.
Die Debatte, in welcher die gesamte Finanzlage des Staats er-
örtert wird, dreht sich hauptsächlich um die Frage, ob die finanziellen Er-
gebnisse der Staats- eisenbahnverwaltung — die nach der Regierung einen
Einnahmeüberschuß von 28.574.816 Mark ergeben soll, wovon auf die Staats-
bahnen 4.662.582 Mark, auf die Privatbahnen, die unter Staats- leitung stehen,
23.912.231 Mark fallen, was aber von Richter (Fortschr.) für eine große
Illusion erklärt wird — günstig sein oder nicht. Indeß wird das Zu-
standekommen der neuen Verstaatlichungsprojekte, welche Minister Maybach
vorgelegt hat, dadurch nicht in Frage gestellt. Selbst von Seiten derjenigen,
welche 1879/80 die Verstaatlichung der großen Privatbahnen bekämpft haben,
wird jetzt zugegeben, daß es den noch übrigen Privatbahnen unmöglich ist,
den Kampf gegen die übermächtige Staatsbahnverwaltung zu bestehen, und