Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1882. (23)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 1.—2.) 51 
1. März. (Preußen.) Abg.-Haus: weist einen Antrag 
Knebel's auf Untersuchung der Lage der Kleinbauern in der Rhein- 
provinz und einen weiteren v. Hüne's, die Untersuchung auf den 
ganzen Staat auszudehnen, an eine Kommission von 21 Mitgliedern. 
Es handelt sich dabei namentlich auch um eine Statistik der Ver- 
schuldung des eigentlichen Bauernstandes. Minister Lucius erklärt sich 
mit den Ausführungen Knebels nicht einverstanden, wohl aber mit dem 
Effekt des Antrages; weil nicht allein im Rheinland, sondern im ganzen 
Staat die angeführten Übelstände vorhanden seien, würde sich eine solche 
Erhebung für das ganze Land empfehlen. Die Angelegenheit sei stets die 
Sorge der Regierung gewesen. Eine Statistik der Schulden sei dringend 
erforderlich; nur dürfe der Kreis derselben nicht zu weit gezogen sein. Die 
Regierung habe öfters Gelegenheit, sich mit der Sache zu beschäftigen. Die 
jedesmaligen Resultate ergeben aber eine stetig fortschreitende Besserung. 
1. März. (Sachsen.) Schluß des Landtags durch eine 
Thronrede des Königs, in welcher er seine volle Befriedigung mit 
den Resultaten desselben ausspricht. 
2. März. (Deutsches Reich.) Der Reichskanzler läßt dem 
preußischen Volkswirtschaftsrate seinen neuen (zweiten) Entwurf 
eines Unfallgesetzentwurfs zugehen und da derselbe bestimmt, daß 
für die ersten 13 Wochen der durch Unfall herbeigeführten Erwerbs- 
unfähigkeit auf Grund der Unfallversicherung keine Entschädigung 
geleistet wird, sondern dafür die Unterstützung auf Grund einer 
Krankenversicherung eintreten soll, zugleich auch „Grundzüge für die 
gesetzliche Regelung der Krankenversicherung der Arbeiter“. 
Die gesetzliche Regelung der Unfallversicherung zerfällt in 
zwölf Abschnitte: I. Genossenschaftsprinzip. Die Unfallversicherung der Ar- 
beiter erfolgt in der Weise, daß jeder Unternehmer eines versicherungspflich- 
tigen Betriebes einer der unter Berücksichtigung der Höhe der Unfallsgefahr 
zu bildenden Genossenschaften angehören muß und diesen Genossenschaften 
die Verpflichtung auferlegt wird, die gesetzlichen Entschädigungen unter Bei- 
hilfe des Reichs zu leisten. Die letztere bildet einerseits das Aquivalent für 
die aus der neuen Regelung sich ergebende Erleichterung sämtlicher Ge- 
meinden in ihrer Armenlast und andrerseits den Zuschuß, welchen das 
Reich im Hinblick auf den staatlichen Zweck der Unfallversicherung im all- 
gemeinen volkswirtschaftlichen Interesse so lange zu leisten hat, als nicht 
durch die Erfahrung erwiesen ist, daß die Industrie die alleinige Übernahme 
der erforderlichen Leistungen ohne Gefährdung ihre Leistungsfähigkeit zu 
ertragen vermag. Il. Versicherungspflicht. Zu versichern sind alle Arbeiter 
und Betriebsbeamten mit einem Jahresverdienste von nicht mehr als 2.000 Mark, 
welche beschäftigt werden: 1) in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsan- 
stalten, Brüchen, Gruben, auf Werften, in Fabriken und Hüttenwerken; 
2) in Gewerbebetrieben, welche sich auf die Ausführung von Bauarbeiten 
erstrecken, sowie bei der Ausführung von Bauten, soweit die Beschäftigung 
nicht lediglich in der Ausführung einzelner Reparaturarbeiten besteht. Den 
unter 1 und 2 ausgeführten gelten diejenigen Betriebe gleich, in welchen 
Dampfkessel oder durch elementare Kraft (Wind, Wasser, Dampf,  Gas, heiße

	        
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