Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 3—4.) 61
Verständigung gesprochen. (Sehr richtig! links) Diese Herren gehören zu
den Führern ihrer Partei und in ihren eigenen Kreisen sind welche, die mit
mir vollständig einverstanden sind, (Rufe links: Hört! Widerspruch, Lärm
rechts) — nicht in der Fraktionssitzung, aber unter vier Augen. (Lachen
rechts.) Wenn die Sache so liegt, muß man doch vorsichtiger sein mit seinen
Anklagen. Die Politik, die ich in meiner Zeitung vertreten habe, habe ich
mich nie gescheut, auch im Landtag zu vertreten. Glauben Sie, daß ich mich
vor Ihnen gefürchtet habe: Es war nur eine ganz natürliche Reserve, die
ich mir auferlegte, dadurch, daß ich mir sagte, daß die Ereignisse mir Recht
geben werden. Und Sie sind auch bereits in das Fahrwasser der Verstän-
digung eingelaufen, und wenn Sie das nicht erkennen und sagen wollen, so
täuschen Sie sich selbst, Sie sind nur noch nicht einig über das Maß der Ver—
ständigung, Sie wollen noch mehr herausbringen. (Große Unruhe rechts.
Rufe links: Hört!) Aber tatsächlich stehen Sie auf dem Standpunkt, den ich
seit Jahr und Tag empfohlen habe. Ich meine, man sollte sich Angesichts
dessen nicht auf einmal mit solcher Löwenmiene umgeben! (Sehr gut! links.)
Einem Ministerium, das das Vertrauensvotum des Königs zum wiederholten
male in der Tasche hat, werden sie damit nicht imponieren, sondern dieses
ist über die Lage Ihrer Fraktion ganz genau unterrichtet. Sie werden sich
auch täuschen, wenn Sie vielleicht glauben, von mir, sondern ich sage einfach:
dazu braucht man bloß zwei gesunde Augen, um zu sehen, wie die Sache
bei Ihnen steht. Deßwegen müssen Sie zur Verständigung schreiten, ob Sie
wollen oder nicht, und ich gebe Ihnen noch den guten Rat: Tun Sie es
lieber heute als morgen. (Großes Gelächter rechts.) Darüber ist kein Zweifel
und das spreche ich auch aus, daß in Bayern verfassungsmäßig die Krone
das Recht hat, die Minister zu ernennen und zu berufen, und mit dieser
Tatsache müssen Sie rechnen, ob Sie wollen oder nicht. Mit dieser Tatsache
muß man in unserem Staat durchaus rechnen, wenn einer Anspruch darauf
macht, daß er Politik treibt. Sonst treiben Sie Politik ins Blaue hinein
und werden zu demselben Resultat kommen, wie vor sechs Jahren. Sie
haben damit für das Land gar nichts erreicht, jetzt sind Ihnen wenigstens
Konzessionen angeboten, und sogar einige von Wert, und ich rate Ihnen,
markten sie nicht mehr lange, schlagen Sie in die Hand ein und wir werden
in Bayern auf diese Weise zu geordneten Zuständen gelangen. Wir haben
in Bayern zwei große sich entgegenstehende Parteien. Ich will nicht sagen,
daß nicht die Wahlkreiseinteilung der linken Seite viel nachgeholfen hat,
aber immerhin ist die Linke eine bedeutende Partei; Sie haben die Kammer
der Reichsräte gegen sich .. Ja, da gilt es doch Frieden zu machen, umso-
mehr, wenn das Bedürfnis nach Frieden im Lande vollständig vorhanden
ist, und wenn ich gewußt hätte, daß ich heult provoziert werde, hätte ich
Ihnen mit Briefen das beweisen können. Ich behaupte, daß meine Politik
im Lande draußen viel größere Zustimmung findet, als auf der rechten
Seite dieses Hauses. (Widerspruch rechts.) Das Land sehnt sich nach diesen
Parteikämpfen einmal nach Ruhe und Frieden. Ich bedauere, daß mich
Herr Kopp provozierte, das Alles zu sagen. Aber wenn sie wieder etwas
von mir wollen — ich stehe zu Diensten!
4. März. (Baden.) I. Kammer: Minister Turban beant-
wortet eine Interpellation bez. einer Enquete über die Verschuldung
des kleinen und mittleren Bauernstandes dahin, daß nach der all-
gemeinen Landwirtschafts-Statistik einer solchen Enquete Bedenken
entgegen stehen, daß aber die Regierung wie Bayern für 1880 mit
einer Statistik der Zwangsvollstreckungen beginnen werde.