Tyna-
mital-
lentate.
Italien.
458 Nebersicht der polilischen Enlwichelung des Jahres 1883.
Eine ganz eigentümliche Erscheinung waren die Dynamit-
attentate auf öffentliche Gebände, durch welche England während
des ganzen Jahres 1883 beunruhigt und wiederholt in eine förm-
liche Panik versetzt wurde. Dieselben gingen offenbar von den
Iren Nordamerika's aus, die ihre Brüder in der Heimat in jeder
Weise unterstützen und im Haß gegen England noch überbieten.
Ein Schutz gegen derlei Attentate ist überaus schwierig, fast un-
möglich, da das Dynamit leicht und ohne große Kosten herzustellen
ist. Dieses Mittel, Schrecken zu verbreiten, leuchtete denn auch
alsbald den Nevolutionären und Anarchisten aller Art sehr ein
und die Gefahr hat daher bereits auch auf den Kontinent Europa's
übergegriffen.
Italien kann mit seiner inneren Entwickelung im Jahre 1883
zufrieden sein, wenn es auch begreiflicherweise längere Zeit erfordert,
bis alle seine so lange getrennten Teile innerlich fest zusammen ge-
schweißt sein werden, wie es ja auch in Deutschland der Fall ist.
Infolge der für Italien in der That bedenklichen Eroberung von Tunis
durch Frankreich hat es zwar von diesem sich getrennt, selbst seine
bisherige Politik der freien Hand aufgegeben und sich förmlich und
definitiv den beiden mitteleuropäischen Friedensmächten, Deutschland
und Oesterreich, angeschlossen. Infolge davon hat es gegen den
Republikanismus und Irredentismus Front gemacht und sind diese
Parteien wenigstens zur Unbedeutendheit herabgesunken und ziemlich
gefahrlos geworden. Aber das einige Italien ist noch zu jung und
politisch zu unerfahren, um die Vorzüge einer konsequenten maß-
vollen Politik vollständig würdigen zu können. Wo es gesäet hat,
glaubt es auch sofort ernten zu können, und greifbare Vorteile hat
ihm die sogen. Tripelallianz bisher allerdings nicht eingebracht
und nicht einbringen können. Die Ungeduldigen, und deren Zahl
ist eine große, sind daher von ihr keineswegs befriedigt. Schlimmer
noch sind die parlamentarischen Verhältnisse und die Stellung des
Parlaments zur Regierung und wenn irgend etwas, so ist hierin
der Grund zu suchen, der die innere Konsolidation des Landes
zwar nicht zu verhindern vermag, aber doch stark verlangfamt.
Was Italien fehlt, ist eine starke Regierung, die, wie das in
Deutschland der Fall ist, auf eigenen Füßen stände und nicht von
den Launen einer oft wechseluden, immer unsicheren Parlaments-
mehrheit und den meist lediglich persönlichen Interessen der Führer
der parlamentarischen Fraktionen abhängig wäre. Depretis, kein