Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Sept. 9— 11.) 89
wobei er von der Bevölkerung einer Reihe von Städten mit ganz
besonderer Herzlichkeit aufgenommen wird.
10. September. (Deutsches Reich.) Die deutsche Regierung
hat beschlossen, eine stehende Gesandtschaft in Persien, das bisher
ausschließlich dem rivalisierenden Einflusse Rußlands und Englands
überlassen wurde, zu errichten. Der Schah kommt der Maßregel
mit großer Zuvorkommenheit entgegen.
10. September. (Preußen.) Eine unversöhnliche Ansprache
des Bischofs von Münster gelegentlich einer Wallfahrt erregt um
so mehr Aufsehen, als man sich von ihm besonders viel für die
Herstellung des Friedens mit der römischen Kirche versprochen hatte.
Die Ansprache ging im wesentlichen dahin: „In jüngster Zeit haben
wir auf kirchlichem Gebiete einige Erleichterungen erfahren, gewisse Begün-
stigungen sind uns gewährt worden. Wir haben sie dankbar entgegengenommen,
aber zu beklagen ist, daß sie nur untergeordnete Dinge betressen. Der Kern
der kirchenfeindlichen Gesetzgebung ist geblieben. Die Maigesetze sind im
wesentlichen noch voll und ganz in Kraft, und nach dem zu urteilen, was
in maßgebenden Kreisen verlautet, kann man nicht daran zweifeln, daß es
Plan ist, die katholische Kirche unter dem Joche der Maigesetze für immer
festzuhalten. Unsere Lage ist demnach im wesentlichen um nichts besser ge-
worden. Wir befinden uns, abgesehen von jenen unwesentlichen Erleichte-
rungen, heute noch auf demselben Punkte, wo wir im Anfange des Kultur-
kampfes standen und sind dem kirchlichen Frieden um keinen Schritt näher
gerückt. Wollten wir uns daher bei dem gegenwärtigen Zustande beruhigen
und zufriedengeben, so hieße das die Sache, wofür wir seit mehr als zehn
Jahren mit so vielen Opfern gekämpft haben, verloren geben. Geliebte, mit
den Maigesetzen kann die katholische Kirche auf die Dauer absolut nicht be-
stehen. Es handelt sich daher im gegenwärtigen Kampfe darum, ob unser
Münsterland künftig katholisch bleiben oder der Häresie verfallen soll. Wir,
als Kinder des heiligen Ludgerus, aber haben die heilige Pflicht, dem künftigen
Geschlechte den römisch-katholischen Glauben rein und lauter zu bewahren.“
11. September. (Deutsches Reich.) 17. deutscher Juristen-
tag in Würzburg. Derselbe spricht sich für Einführung der Berufung
zum Oberlandesgerichte gegen die erstinstanzlichen Urteile der landes-
gerichtlichen Strafkammern aus.
25. (Deutsches Reich.) Vereinstag der deutschen Erwerbs-
und Wirtschaftsgenossenschaften in Weimar.
11. September. (Preußen.) Der Bischof von Kulm erläßt
nachstehende Verordnung:
„Im Interesse der Wahrung der kirchlichen Autorität und der er-
sprießlichen Verwaltung der Diözese finde ich mich veranlaßt, anzuordnen,
daß jeder Priester meiner Diözese, welcher eine Stelle als Militärgeistlicher
oder an einer Staatsanstalt (als Strafanstaltsgeistlicher, Religionslehrer an
höheren staatlichen oder kommunalen Lehranstalten u. a.) zu übernehmen
wünscht, mir hievon Anzeige zu machen hat. Die Genehmigung zur An-