Uebersichl der polilischen Eulwickelung dre Jahres 1881. 517
Unternehmungen zweimal zu überlegen, da seine Finanglage durch-
aus keine glänzende ist. Schon seit einer Reihe von Jahren labo-
riert Frankreich in seinem Jahresetat an einem zwar nicht gefähr-
lichen, aber doch recht ansehnlichen Defizit, das zwar Regierung
und Kammer, darin einmütig, bisher vor dem Lande möglichst ver-
deckt oder vertuscht haben, das jedoch auf die Dauer doch nicht
mehr gelengnet werden kann. Es wird demnächst nichts anderes übrig
bleiben, als entweder eine größere Anleihe zu kontrahieren und das
ist allerdings das einfachste und bequemste und dagu wird auch
wohl gegriffen werden, oder aber neue Steuern zu dekretieren, was
man kaum wagen dürfte, oder endlich alle überflüssigen Ausgaben
in genügendem Maße zu beschränken, wozu aber eine Selbstüber-
windung erforderlich wäre, zu der man sich nur schwer entschließen
wird. Einigermaßen bedenklich erscheint die Lage nur durch den
anhaltenden Stillstand resp. Rückgang der gesamten französischen
Volkswirtschaft, wie er in den Zisfern der Aus= und Einfuhr und
in den stetig sinkenden Staatseinnahmen zu Tage tritt. Frankreich
hat sichtlich Mühe, mit der wachsenden und sich eifrig vervollkomm-
nenden deutschen Industrie außerhalb Frankreichs zu konkurrieren
und muß es sich gefallen lassen, daß ihm dieselbe sogar in Frank-
reich selbst mehr und mehr Konkurrenz macht, was es früher für
ganz unmöglich gehalten hätte. Ein abschließendes Urteil über diese
Verhältnisse ist indes auch jetzt, Cunde 1884, noch nicht möglich und
Vorsicht jedenfalls sehr am Platze.
Von Englands auswärtiger Politik war schon genügend die
Rede. Sie beschäftigte auch das Parlament vielfach das ganze Jahr
hindurch und war allerdings nicht geeignet, der öffentlichen Meinung
große Vefriedigung zu gewähren. Wäre nur sie in die Wagschale
gefallen, so hälte das Ministerium Gladstone notwendig als zu
leicht befunden werden müssen und es wäre wiederholt Gelegenheit
gewesen, dasselbe zu stürzen und durch umsichtigere und energischere
Männer zu erfetzen. Gladstone ist kein Staatsmann und hält als
solcher einen Vergleich mit dem deutschen Reichskanzler auch nicht
von ferne aus. Aber er ist ein ganz eminenter Parlamentarier und
findet darin nicht leicht seinesgleichen. Um seiner unglücklichen aus-
wärtigen Politik ein Gegengewicht zu schaffen, brachte er eine neue
Reformbill für die Parlamentswahlen ein, mit der er seinen Zweck
auch erreichte. An Großartigkeit stand die Bill keiner früheren
dieser Art nach, was schon daraus hervorgeht, daß die Zahl der
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