Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1884. (25)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glirder. (März 21— 26.) 39 
gemacht. Dieselbe wird schließlich an eine Kommission von 21 Mit- 
gliedern gewiesen. 
24. März. (Mecklenburg.) Es scheint nunmehr festzustehen, 
daß der Herzog Paul Friedrich, der Bruder des Großherzogs, auf 
die eventuele Thronfolge in Mecklenburg verzichtet hat. 
Derselbe heiratete im Mai 1881 seine streng gatholiichen Kousine, bie 
Prinzessin Marie von Windischgrätz, und da auf Befehl des Papstes der 
katholische Pfarrer das Ehepaar nicht anders beauen wollte. 5 gab er das 
ersprechen, daß seine Kinder alle im katholischen Bekenntnisse erzogen werden 
sollten, was schon damals vielfache Meinungsverschiedenheiten mit seinem 
Vater veranlaßle, so daß Herzog Paul ganz aus Mecklenburg fortzog und 
jetzt seinen Anfenthalt in Venedig oder bei seinem Schwiegervater in SÖster- 
reich genommen hat. Ob der Herzog Paul Friedrich selbst schon zum Katho- 
lizismus übergetreten ist, darüber sind in Mecklenburg die Ansichten ver- 
schieden, jedenfalls sollen seine beiden Kinder, eine Tochter und ein Sohn, 
katholisch sein. Da sein älterer Bruder, 1851 geboren, jetziger Großherzog 
Friedrich Frang Ill., schon seit Jahren seiner sehr leidenden Gesundheit wegen 
stets im Süden weilen muß, in Meckleuburg sich nur in den heißesten Sommer- 
monaten aufhält und dies Verhältnis wahrscheinlich noch auf längere Zeit 
forkdauert, dazn auch bis jetzt nur einen einzigen zweijährigen, in Palermo 
geborenen Sohn besiyt, so ist der Herzog Paul nur durch vier Augen von 
der Thronfolge und nur durch zwei Augen von einer Obervormundschaft 
eines minderjährigen Prinzen getreunt, und das durchweg streug protestantische 
Mecklenburg hätte in diesem Falle sehr leicht einen katholischen, den stärksten 
ultramontanen Einflüssen zugänglichen Großherzog erhalten können, was leicht 
zu größeren Übelständen geführt haben würde. 
25. März. (Deutsches Reich.) Die Regierung läßt den 
Gesetzentwurf betr. die Abänderung des Militärpensionsgesetzes vom 
27. Juni 1871 und des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 
nunmehr dem Reichstage zugehen. 
Die Einleilung zur Begründung des Entwurfs erwähnt das Geschick 
der früher getreunten Vorlagen im Reichstage und bemerkt: Der bestehende 
untrennbare Zusammenhang zwischen den beiden Gesetzen sei durch Ver- 
schmelzung derselben in einen Gesetzentwurf zum Ausdruck gebracht. Im 
weiteren ist die Begründung wesentlich eine Wiederholung der früheren. Die 
Mehrausgabe für Militärpensionen wird auf 2,305,000 —¾ veranschlagt, und 
wwar jür die unter preußischer Militärverwaltung stehenden Kontingente 
1.750,000, für Bayern 2660,000, für Sachsen 146 6,000, für Württemberg 
100, 000 ¾ und für die Marine auf 43,000 —++. Die Mehrbelastung des 
Pensionsfonds für die Reichscivilbeamten wird auf einen Jahrtsbetrag von 
etwa 600.000 geschäht. Das Zustandekommen des Gesebes ist inzwischen 
sehr zweifelhaft, wenn die Regierung nicht die von der öffentlichen Meinung 
geforderten Konzessionen bez. Besteuerung der Offiziere machen will, wozu 
sie noch immer nicht geneigt zu sein scheint. 
26. Märg. (Deutsches Reich.) Reichstag: Ein Antrag Barths 
mit der Einleitung: „Der Reichstag wolle beschließen, den Hrn. 
Reichskanzler zu ersuchen, beim Bundesrat zu beantragen u. s. w.“ 
gibt dem Reichskanzler Gelegenheit, diese neuerdings gebräuchliche
	        
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