20 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 23.—24.)
Die vom deutschen Konsul in Apia bei dieser Gelegenheit erlassene
Proklamation hat nach der „Frkf. Ztg.“ folgenden Wortlaut: „Samoaner!
Die Regierung des Königs Malietoa hat seit längerer Zeit eine unfreund-
liche und beleidigende Handlung gegen Deutschland eingenommen und die
bestehenden Verträge einfach verletzt. Ich habe mich daher genötigt gesehen,
auf Maßnahmen bedacht zu sein, welche eine Bürgschaft für den dauernden
Schutz deutscher Interessen in Samoa bieten. Zu diesem Zwecke habe ich
das Gebiet der Munizipalität von Apia, insoweit die Hoheitsrechte des
Königs Malietoa in Betracht kommen, für die deutsche Regierung pfandweise
in Besitz genommen. Als Zeichen hierfür ist die kaiserliche Flagge in Mu-
linua gehißt worden, was die Bedeutung hat, daß nur die kaiserliche Re-
gierung heute auf diesem Gebiete Hoheitsrechte ausübt. Samoaner! Ich
gebe Euch die bestimmte Versicherung, daß nur das Gebiet der Munizipalität
und kein anderes dort mit Beschlag belegt worden ist. Seid überzeugt, daß
das, was geschehen ist, keine Feindschaft für Samoa bedeutet. Die kaiserlich
deutsche Regierung wünscht eine starke samoanische Regierung, welche mit ihr
in Frieden und Freundschaft lebt. Sobald die bestehenden Schwierigkeiten
beseitigt sind, wird das beschlagnahmte Land wieder freigegeben werden. Ich
bitte Euch, fahrt fort, Euch friedlich zu verhalten; habt Vertrauen auf die
kaiserlich deutsche Regierung und auf mich, dann wird sich für Samoa alles
zum Besten wenden. Apia, den 23. Januar 1885. Der kaiserlich deutsche
Generalkonsul. gez. Dr. Stübel.“
Seitens der Vertreter von England und der Vereinigten Staaten soll
nach derselben Quelle die folgende Proklamation erlassen sein: „Gerüchte,
dahin lautend, die großen Mächte würden Malietoa und seine Regierung
nicht weiter unterstützen und hätten die Verbindung mit derselben abgebrochen,
sind nur verbreitet worden, um Euch irre zu führen. Hiermit wird deshalb
erklärt, daß solche Gerüchte unwahr sind und nur von Leuten schlechten
Charakters herrühren, die einen schlechten Zweck damit zu erreichen beabsich-
tigen. Der Konsul der Vereinigten Staaten von Nordamerika, der britische
Konsul und der Kapitän des englischen Kriegsschiffes „Miranda“ erklären
daher obige Gerüchte für Unwahrheiten und geben im Nachstehenden das
Wahre der Sache: Malietoa ist der König in Samoa, und seine Regierung
die Regierung in Samoa. Wir verkehren mit ihnen nach wie vor und hal-
ten unseren gegenseitigen Vertrag aufrecht und lösen denselben nicht eher,
als bis die großen Mächte sich alle darüber einig sein sollten. gez. T. Cani-
sius, U. S. Konsul, W. B. Churchward, acting british consul, Wm. Dyki-
Ackland, Kommandant. M. S. „Miranda"“.
23. Jannar. (Preußen: Gewerbekammern.) Der west-
preußische Provinziallandtag nimmt nach zweitägiger Beratung über
die Regierungsvorlage betreffend die Errichtung von Gewerbekammern
mit 35 gegen 20 Stimmen die Kommissionsvorschläge an, wonach
der Provinziallandtag der Vorlage zustimmt und zu den Kosten auf
drei Jahre 5000 M jährlich aus Provinzialfonds bewilligt, wenn
für Westpreußen nur eine Gewerbekammer errichtet und dieselbe aus
32 Mitgliedern, 11 Landwirten (darunter 3 Vertretern des Klein-
grundbesitzes), 7 Handwerkern, 7 Industriellen und 7 Kaufleuten
zusammengesetzt wird.
24. Januar. (Preußen: Dispositionsfond.) Abgeord-