Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 26. - 28.) 23
schafter in London wird vom Reichskanzler beauftragt, gegen die
Proklamierung des englischen Protektorats über den zwischen dem
Ostkap und der Huon-Bay gelegenen Teil der Nordküste von Neu-
Guinea, sowie über die d'Entrecasteaux- und Woodlark-Inseln Ver-
wahrung einzulegen (vgl. Geschichtskal. 1884 S. 455). Derselbe wird
ferner angewiesen, der englischen Regierung den deutsch-samoanischen
Vertrag vom 10. November 1884 mitzuteilen und dabei zu erklären,
daß derselbe weder die Unabhängigkeit der Inseln noch die Rechte
fremder Unterthanen verletze (vgl. Geschichtskal. 1884 S. 461).
27. Januar. (Russischer Auslieferungsvertrag.) Der
Reichskanzler übersendet dem Bundesrat das preußisch-russische Ab-
kommen über die gegenseitige Auslieferung von Verbrechern vom
13. Januar mit dem Bemerken, daß er vom Kaiser beauftragt sei,
den Bundesrat um sein Einverständnis dahin zu ersuchen, daß auf
der Grundlage des erwähnten Übereinkommens, ein Auslieferungs-
vertrag zwischen dem Reich und der kaiserlich-russischen Regierung
abgeschlossen werde. Der Bundesrat beschließt am 12. Februar, sein
Einverständnis zu erklären.
27. Januar. Deutscher Handelstag: faßt Resolutionen
zu Gunsten der Kolonialpolitik und gegen die Börsensteuer.
Die von Wörmann begründete Resolution über die Kolonialpolitik
wird einstimmig angenommen; in derselben heißt es: der Handelstag begrüße
es freudig, daß die Regierung den Anfang einer praktischen Kolonial-
politik gemacht habe, welche der deutschen Industrie neue Absatzgebiete
erschließe, dem Handel Schutz und Förderung gewähre und der Schifffahrt
einen vermehrten Verkehr schaffe. Der letzte Punkt der Tagesordnung
(Resolution gegen die Erhöhung der Getreide-Zölle) wird trotz lebhaften
Widerspruchs von der Tagesordnung abgesetzt; wie später verlautet, weil
man einen Beschluß zu Gunsten der Getreidezölle und infolgedessen den
Austritt der überstimmten Minorität aus dem Handelstage befürchtete.
26., 27. Januar. (Zucker- und Branntweinsteuer.)
Reichstag: Etat der Zölle und Verbrauchssteuern. In der Debatte
werden hauptsächlich die Ursachen der Zuckerkrisis und die Mög-
lichkeit der Erhöhung der Branntweinsteuer ohne Schädigung der
landwirtschaftlichen Brennereien erörtert.
28. Januar. (Nichtdeutsche Amtssprache.) Reichstag:
lehnt den Antrag Junggreen, nach welchem in denjenigen Landes-
teilen, in welchen eine nicht-deutsche Sprache die Volkssprache ist,
die Behörden mit der Bevölkerung in der Volkssprache verhandeln
und in dieser auch alle diese Landesteile speziell betreffenden Ver-
ordnungen und Erlasse veröffentlichen sollen — gegen die Stimmen
des Zentrums, der Polen, Elsässer und Sozialdemokraten ab.