24 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 28.—29.)
28., 29. Januar. (Diktatur-Paragraph.) Reichstag:
Verhandlung über den Antrag Kablé, betr. die Aufhebung des Dik-
tatur-Paragraphen in Elsaß-Lothringen.
Für den Antrag sprechen die reichsländischen Abgeordneten, das
Zentrum und der Abg. Lenzmann (Demokrat); Frhr. v. Stauffenberg (freif.)
erklärt, daß eine Beseitigung des Diktatur-Paragraphen nur im Wege einer
organischen Reform der reichsländischen Verfassung erfolgen könne. Da
hiernach die Annahme des Antrages zweifelhaft, zieht der Abg. Winterer
als Mitantragsteller den Antrag zurück mit der Erklärung: Seine Partei
habe mit dem Antrage erreicht, daß die elsaß-lothringischen Verhältnisse ein-
mal gründlich im Reichstage besprochen seien und begnüge sich vorläufig damit.
29. Januar. (Kamerun.) Der „Reichsanzeiger“ veröffent-
licht einen Auszug aus dem Bericht des Chefs des westafrikanischen
Geschwaders (Kontre-Admiral Knorr) über die Kämpfe bei Kamerun.
Über die Veranlassung zu dem Konflikt heißt es in dem Bericht:
Am 18. Dezember waren S. M. Schiffe „Bismarck“ und „Olga“ auf der
Rhede von Kamerun zu Anker gegangen. Am 19. versammelte der Ge-
schwader-Chef, Kontre-Admiral Knorr, den interimistischen Konsul des deut-
schen Reiches, Dr. Max Buchner, und die Vertreter der deutschen Firmen
im Kamerungebiete zu einer Besprechung an Bord des „Bismarck", wobei
folgendes festgestellt wurde:
1) Die ursprünglich schwache Partei unter den Negerstämmen, welche
der deutschen Besitzergreifung feindlich gegenüberstand, ist in den letzten Mo-
naten bedeutend gewachsen und terrorisiert Kamerun.
2) Erst zwei Tage vor dem Eintreffen des Geschwaders hatten die
Hickory- und Yoß-Neger die Stadt des uns befreundeten King Bell —
Bell-town — niedergebrannt und ausgeplündert. Auf dem Rückwege von
ihrem Raubzug hatten sie beim Passieren der deutschen Faktoreien und Hulks
höhnend gerufen: „Da brennt Eure deutsche Stadt, warum kommt Ihr
nicht zu helfen“ und dergleichen. Der deutsche Flaggenstock war mehrfach
angehauen und von dem rebellischen Häuptling Manga Aqua besudelt wor-
den. In die deutschen Faktoreien hatten sich bewaffnete Scharen eingedrängt
und Plünderung und Abbrennen angedroht, wenn ihnen nicht unentgeltlich
Rum geliefert werde.
3) Es ist unter den Negern vielfach die Ansicht verbreitet, das rechte
Flußufer stehe gar nicht unter deutscher Herrschaft.
Diesen Thatsachen gegenüber beschloß Kontre-Admiral Knorr unver-
züglich mit Waffengewalt das Ansehen der Flagge wieder herzustellen und
den Deutschen am Ort für Leben und Eigentum Sicherheit zu verschaffen.
Die von dem Admiral Knorr erlassene Proklamation lautete: Be-
kanntmachung. Es haben in letzter Zeit im kaiserlich deutschen Schutzgebiet
von Kamerun mehrfach anscheinend durch Fremde angestiftete Ruhestörungen
stattgefunden, welche schließlich die Entfaltung militärischer Gewalt zu mei-
nem Bedauern erfordert haben.
Da es der bestimmte Wille der kaiserlichen Regierung ist, die erforder-
liche Ruhe und Ordnung in diesem Lande unter allen Umständen herbeizu-
führen und aufrecht zu erhalten, so erkläre und mache ich hierdurch öffentlich
und amtlich allen Einwohnern bekannt, daß von diesem Tage ab jeder Ruhe-
störer, gleichgültig von welcher Nationalität, die sofortige Ausweisung aus
dem kaiserlichen Schutzgebiet von Kamerun zu gewärtigen hat. Im Falle
der erwiesenen mittelbaren oder unmittelbaren Teilnahme an den Operationen