Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiter Jahrgang. 1886. (27)

134 Eriechenlend. (April 6.—23. 
6. April. Fest des Jahrestages der Unabhängigkeits- 
erklärung. Große kriegerische Kundgebungen in Athen und an- 
derwärts. 
11.—17. April. (Deputiertenkammer.) Die Kammer 
spricht der Regierung bei Erörterung der Vertrauensfrage volles 
Vertrauen mit 129 gegen 83 Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen 
aus; genehmigt in den folgenden Sitzungen alle von der Regierung 
eingebrachten Gesetzesvorlagen und schließt darauf die Session. 
16. April. (Notenwechsel.) Die griechische Regierung be- 
antwortet die übereinstimmenden Noten der Großmächte, in denen 
die zur Konferenz in Konstantiopel versammelten Botschafter am 
7. d. M. die Unterzeichnung des türkisch--bulgarischen Abkommens 
mit der dringenden Aufforderung anzeigen, Griechenland möge sich 
dem einstimmigen Wunsche Europas nach Erhaltung des Friedens 
anbequemen. 
Delyannis erklärt, die Regierung habe, um sich dem oft ausgespro- 
chenen Wunsche der Mächte willfährig zu zeigen, nichts unternommen, was 
geeignet wäre, den Frieden zu stören; aber sie könne nicht auf die von Eu- 
ropa bereits festgestellte Berliner Linie verzichten, ohne sich in Widerspruch 
mit dem nationalen Gefühle zu setzen. Sie sei übrigens überzeugt, daß die 
Erlangung der besagten Grenzlinie das schon kompromittierte Gleichgewicht 
der Balkanstaaten wieder herstellen und den Frieden im Orient sichern würde. 
21. April. Die Marineverwaltung requiriert vier Paket- 
boote, welche in mit Krupp'schen Kanonen schweren Kalibers aus- 
zurüstende Kreuzer umgewandelt werden sollen. 
22. April. An der thessalischen Grenze findet ein Schar- 
mützel zwischen den türkischen und griechischen Vorposten statt. 
23. April. (Französische Schritte.) Nachdem England 
durch ein Rundschreiben die Großmächte aufgefordert hat, Griechen- 
land eine Frist zur Abrüstung zu sitzen und wenn diese verstrichen 
sei, ihre Vertreter aus Athen abzuberufen, nötigenfalls alsdann zu 
einer Blokade der griechischen Küsten zu schreiten, unternimmt Frank- 
reich eine Sonderaktion in Athen, indem es durch den Gesandten 
Grafen Mouy eine Erklärung überreichen läßt, in der ausge- 
führt wird: 
Frankreich habe Griechenland unzweideutige Beweise seiner Freund- 
schaft gegeben und lasse unter dem gleichen Gefühle nun die Stimme der 
Warnung vernehmen, um dem Königreiche die schwersten Gefahren und un- 
ausbleibliche Demütigung zu ersparen. Denn zweifellos werde Europa Grie- 
chenland zur Abrüstung nötigen, darum möge es sich lieber in das Unver- 
meidliche fügen und rechtzeitig nachgeben. Es möge Frankreich den Verdruß 
ersparen, sich Schritten anschließen zu müssen, denen nicht beizutreten die 
Sorge um den allgemeinen Frieden verbiete.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.