Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

140 HNas beutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 24.) 
halten, Zahlen, die, wenn sie durch die ganze deutsche Armee addiert werden, 
etwa 6000 Mann betragen werden. (Bravol) 
Ich glaube, daß damit die verbündeten Regierungen ihr Entgegen- 
kommen in der Weise gezeigt haben, die die einzig mögliche ist. Weiter zu 
gehen ist den verbündeten Regierungen nicht möglich. 
Wenn nun die verbündeten Regierungen so weit gegangen sind, im 
übrigen aber ihre Forderungen nicht aufgeben können, so bitte ich das hohe 
Haus, die Vorlage der verbündeten Regierungen unverändert, so einstimmig 
wie möglich, anzunehmen. Nachdem ich mich in der Kommission geäußert 
hatte, hat man in den Zeitungen, die der Partei drüben angehören, das 
Wort gefunden, daß ich eine Schonzeit für mich beanspruche, während ich 
das nicht gewollt habe. Schießen Sie nur auf mich! Mir soll es recht sein! 
Ich habe die Schonzeit für Deutschland beansprucht und bin auch noch der 
Meinung, daß, wenn wir uns, wie ja zweifellos, am Ende des jetzigen 
Septennats, sei es zur Verständigung oder zum Kampf, wiederfinden werden, 
dieser Kampf, wenn er notwendig werden sollte, mit ungleich weniger be- 
denklichen Folgen für Deutschland geführt werden kann als heute. (Sehr 
richtigl) Man möge sich doch klar machen, wohin eine Differenz auf diesem 
Boden zwischen den Regierungen und dem Reichstag führen kann! Daß es 
den Regierungen kein Vergnügen ist, Steuern zu fordern und Menschen ein- 
ustellen, das liegt auf der Hand. Schreitet die Regierung zu so ernsten 
sosgeschweren Forderungen, so wird sie doch ebensogut für sich in Anspruch 
nehmen, wie jeder andere das für sich in Anspruch nehmen kann, daß sie 
aus Pflichtgefühl handelt. Erkennt die Regierung, daß das Dasein Deutsch- 
lands diese Forderung nötig macht, so würde sie falsch handeln, wenn sie 
nicht alle Mittel erschöpfte, ehe sie diese Forderung fallen läßt. 
Wohin können aber solche Differenzen führen: Ich mag das Bild 
gar nicht ausmalen, will aber hier wieder vom Standpunkte der auswärtigen 
Politik aus sprechen und Ihnen einmal vor Augen führen: ist es denn logisch, 
in dem Augenblicke, wo man entweder offen zugesteht oder innerlich wenig- 
stens anerkennt, daß eine Verstärkung unseres Heerwesens, an die die Regie- 
rungen mit schwerem Herzen herangegangen find, notwendig ist, — in einem 
solchen Augenblick, ich will nicht sagen, Konflikte, aber auch nur Differenzen 
innerhalb der Nation zu erregen: (Sehr wahr! rechts.) Darüber werden 
wir doch alle einig sein: wenn es einmal zum Kriege kommen sollte, so kann 
derselbe nur geführt werden unter dem einmütigen Zusammenhalten der ganzen 
Nation. (Bravol) Wie bereitet man nun aber einen Krieg vor, wenn man 
es in der Zeit, wo man Forderungen, die auf den Krieg zielen, er mag noch 
so fern liegen, zu bewilligen hat, zu inneren Differenzen, an denen das Aus- 
land sich weiden kann, kommen laͤßt! (Sehr gut!) 
ch kann also nur noch einmal meine Bitte wiederholen, die Vorlage 
um Deutschlands und des Friedens willen so einmütig wie möglich anzu- 
nehmen. (Lebhaftes Bravol) 
Im weitern Verlauf der Debatte fügte der Reichskanzler 
hinzu: 
Ich habe gesagt, ich kann mich über die unerschwinglichen Kosten eines 
Projektes nicht äußern, das ich nicht kenne. Ich hätte besser gethan, zu sagen, 
das ich als Reichskanzler nicht kenne, oder das die verbündeten Regierungen 
nicht kennen. Als Mensch kenne ich eine Menge Projekte. Ich produziere ab 
und zu selbst dergleichen; aber ich habe hier nur die Pflicht, mich über die- 
jenigen Projekte zu äußern, die die verbündeten Regierungen sich zu eigen 
gemacht haben.
	        
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