Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

148 Das dentsche Reih nud seine einzeluen Glieder. (Aug. 17. —20.) 
Meine Nachfolger feierlich und für alle Zeiten von Helgoland und dessen 
Zubehörungen Besitz ergreife, vertraue Ich dem bewährten Sinne aller Helgo- 
länder, die von jetzt an Deutsche sein wollen, daß sie Mir und dem Vater- 
lande in unverbrüchlicher Treue zugethan bleiben werden. Dagegen sichere 
Ich Euch, sowie Euren Rechten Meinen Schut und Meine Fürsorge zu. 
Ich werde Sorge dafür tragen, daß Recht und Gerechtigkeit unter 
Euch unparteiisch gepflegt werden und Eure heimischen Gesetze und Gewohn- 
heiten, soweit möglich, unverändert fortbestehen. Eine wohlwollende und 
umsichtige Verwaltung wird auch in Zukunft bestrebt sein, Eure Wohlfahrt 
zu fördern und das wirtschaftliche Gedeihen der Insel zu heben. Um Euch 
den Uebergang in die neuen Verhältnisse zu erleichtern, soll das jetzt lebende 
Geschlecht von der Erfüllung der allgemeinen Wehrpflicht im Heer und in 
der Flotte befreit bleiben. Auf eine Reihe von Jahren wird an dem auf 
der Insel geltenden Zolltarif nichts geändert werden. Alle Vermögensrechte, 
welche Privatpersonen oder bestehende Korporationen der Königlich britischen 
Regierung gegenüber in Helgoland erworben haben, bleiben in Geltung. 
Die diesen Rechten entsprechenden Verpflichtungen werden hinfort von Mir 
und Meiner Regierung erfüllt werden. 
Der Bewahrung Eures väterlichen Glaubens, der Pflege Eurer Kirche 
und Schule wird Meine besondere Aufmerksamkeit gewidmet sein. 
Mit Genugthuung nehme Ich Helgoland in den Kranz der deutschen 
Inseln wieder auf, welcher die vaterländische Küste umsäumt. Möge die 
Rückkehr zu Deutschland, die Teilnahme an seinem Ruhme, seiner Unab- 
hängigkeit und Freiheit Euch und Euren Nachkommen zu stetem Segen ge- 
reichen! Das walte Gott! 
Gegeben Helgoland, den 10. August 1890. 
Wilhelm J. R. 
v. Caprivi. 
17. August. Der Kaiser trifft zum Besuche des Kaisers von 
Rußland auf dem Seewege in Reval ein und begibt sich sogleich 
nach Narwa, wo er von dem Zaren und der Zarin empfangen 
wird. An der Zusammenkunft nehmen der Großherzog von Hessen, 
viele Großfürsten, die Minister Caprivi und Giers, der Botschafter 
v. Schweinitz teil. Bis zum 22. August finden Manöver bei Narwa 
statt; an diesem Tage begeben sich beide Kaiser nach Peterhof. Am 
23. August reist Kaiser Wilhelm auf dem Seewege ab. 
Während seines Aufenthalts haben Deputationen der in Re- 
val, Narwa, Petersburg, Moskau ansässigen Reichsangehörigen ihm 
Adressen überreicht. 
20. August. Konferenz der preußischen Bischöfe in Fulda. 
25. August. Zusammentritt des 37. deutschen Katholiken= 
tages in Koblenz. Meist auf Antrag Windthorsts werden fol- 
gende Resolutionen angenommen: die Aufmerksamkeit der Katholiken 
Deutschlands auf den kirchlichen Notstand der Berliner Katholiken 
zu lenken; zum Eintritt in den vom Erzbischof von Köln gegrün- 
deten Afrikaverein deutscher Katholiken aufzufordern; für Aufhebung 
der Beschränkungen und Verbote einzelner Orden und Kongregatio- 
  
 
	        
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