152 Pas deuische Reich und seine einjelsen Glieder. (Sept. 16.—25.)
16. September. Im Witu-Lande wird der Deutsche Künzel
mit mehreren Gefährten auf Befehl des Sultans ermordet.
17.—19. September. Besuch des Kaisers Franz Joseph
in Rohnstock und Teilnahme desselben an den schlesischen Manövern.
Graf Kalnoky begleitet den Kaiser.
19. September. In deutschen und englischen Blättern taucht
die Nachricht auf, die deutsche Regierung habe in Östafrika.
durch eine Proklamation den Sklavenhandel für erlaubt erklärt.
Englische Blätter richten deswegen heftige Angriffe gegen Deutsch-
land. Der „Reichsanzeiger“ bringt folgendes Dementi:
Sofort nach dem Erscheinen des „Times"“-Artikels vom 15. ds., dem
zufolge der stellvertretende Reichskommissar für Ostafrika mittelst einer
Proklamation den Sklavenhandel für erlaubt erklärt und unter amtlicher
Mitwirkung eine öffentliche Auktion von Sklaven in Bagamoyo stattgefunden
habe, hat das Auswärtige Amt einen telegraphischen Bericht des gedachten.
Beamten über das Sachverhältnis eingefordert. In einem heute eingegan-
genen Telegramm berichtet der stellvertretende Reichskommissar aus Sansibar,
daß er eine solche Proklamation nicht erlassen habe und daß wahrscheinlich
der Unfug eines Arabers der Nachricht der englischen Blätter zu Grunde
liege. Eine Untersuchung werde sofort eingeleitet. Daß in Bagamoyo eine
Sklavenauktion unter amtlicher Mitwirkung abgehalten worden, sei undenk-
bar. Herr Dr. Schmidt wird sich ungesäumt nach Bagamoyo begeben und
von dort weiter berichten.
Später meldet der „Reichsanzeiger“:
Als der Araber Soliman ben Nasr nach seiner Rückkehr aus Europa
Bagamoyo besuchte, klagten ihm die dortigen Araber, sie wären in der
Sklavenfrage viel schlechter gestellt als ihre Landsleute in Sansibar und
wären infolgedessen kaum in der Lage, die im Aufstande verwüsteten Land-
güter wieder in Kultur zu nehmen. Denn wenn auch in Sansibar das
Dekret des Sultans über die Unterdrückung der Sklavenverkäufe veröffent-
licht sei, so werde es doch in der Praxis von niemandem beachtet, während
in Bagamoyo jenes Verbot zwar nicht gelte, dafür aber thatsächlich alle
Veräußerungen von Sklaven verhindert würden. Soliman ben Nasr be-
sprach mit den Leuten die Möglichkeiten einer Abhilfe und sagte zu, er wolle
sich bei dem Stations-Chef für sie verwenden. Zu dem Zwecke verfaßte er
den Entwurf zu einer Proklamation und legte dies Schriftstück dem Stations=
Chef vor. Der Letztere nahm den Entwurf einfach zu den Stationsakten,
ohne auf die Sache weiter einzugehen, und es ist bis heute noch nicht auf-
geklärt, wie eine Kopie des Entwurfs in das Publikum hat dringen können.
Auch Soliman ben Nasr vermag diesen Punkt nicht klar zu stellen.
23. September. Die „Köln. Zeitung“ teilt aus authentischer
Quelle mit, daß Deutschland mit der Türkei einen neuen Handels-
vertrag auf 21 Jahre geschlossen habe, der am 1. März 1891 in
Kraft treten solle.
25. September. Nachdem freisinnige Blätter mehrmals die
Einführung des Altersversicherungsgesetzes bis zum 1. Ja-