Bie Gesterreichisch-Augarische Monarchie. (April 21.—22.) 197
daß die Linke demgemäß sich auch ferner als Oppositionspartei be-
trachten und den Dispositionsfond verweigern werde.
21. April. (Abgeordnetenhaus.) Zu dem Titel Dis-
positionsfonds erklärt der Ministerpräsident Graf Taaffe:
Der Dispositionsfonds sei keine Vertrauenssache. Die Behauptung,
der Ausgleich sei erst in die Wege geleitet worden, nachdem eine Allerhöchste
Willensäußerung vorgelegen habe, sei ungenau; denn schon damals, als er
mit der Bildung eines Kabinets betraut worden sei, habe er gleichzeitig den
Auftrag erhalten, eine Verständigung zu ermöglichen und zur Wahrheit zu
machen. Schon damals habe die Regierung sofort Schritte unternommen,
um mit den Deutschen eine Verständigung zu erzielen. Dieses Ziel habe die
Regierung stets im Auge behalten, jedoch sei die Erreichung desselben gar
nicht von ihr allein abhängig gewesen, vielmehr hätte sie ein Entgegenkommen
auf beiden Seiten abwarten müssen; auch handle es sich um zwei große
Parteien, bezüglich deren man sich erst überzeugen mußte, ob sie eine Ver-
ständigung untereinander wünschten. Solche Versuche seien früher gemacht
und jetzt wieder aufgenommen worden. Noch sei man nicht am Ziele, werde
jedoch mit Gottes Hilfe dahin gelangen. Gegenüber der Behauptung, die
Regierung stütze sich auf eine Partei, welche nicht einig sei, warf Graf Taaffe
die Frage auf, welche Partei im Hause denn überhaupt einig sei. Die Zu-
sammensetzung Oesterreichs sei anders als die anderer Staaten, in Oesterreich
gebe es nicht politische, sondern nationale Parteien, in denen allen sich kon-
servative Männer befänden; auch auf der Linken gebe es keine große einige
Partei. Der Ausgleich werde im böhmischen Landtage zur Erledigung kom-
men; die Regierung sowohl als ein großer Teil des Hauses wünschten, daß
dies recht bald geschähe, deshalb wäre es sehr wünschenswert, daß die Ver-
handlungen des Hauses beschleunigt würden.
Hierauf wird der Dispositionsfonds in namentlicher Abstim-
mung mit 154 gegen 130 Stimmen genehmigt.
21. April. (Troppau.) Zur Leitung der politisch-admini-
strativen Aktion in dem ganzen Streikgebiete wird ein besonderer
Zivilkommissar in der Person des Regierungsrats Klinger aus
Troppau delegiert.
22. April. (Wien: Abgeordnetenhaus.) In der Budget-
debatte spricht der Jungtscheche Waschaty gegen das deutsche
Bündnis und gegen die Politik des Fürsten Bismarck, nennt
Oesterreich eine Expositur der deutschen Reichskanzlei und plädiert
für die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich, wonach Deutsch-
land nicht mehr so stark gerüstet sein müßte, und mit demselben
auch Oesterreich nicht. Der Jungtscheche Herold sagt, die Jung-
tschechen seien keine prinzipiellen Feinde des deutsch-tschechischen Aus-
gleichs und wären geneigt, einige Punkte zu acceptieren. Die Jung-
tschechen seien keine reichsfeindliche Partei. Graf Taaffe erwidert:
Wenn Abg. Herold sage, die tschechische Nation lasse sich nicht ger-
manisieren, so glaubt Graf Taaffe, daß die Deutschen in Böhmen