Bie Gesterreichisch-Augarische Monarchie. (Okt. 21.— Nov. 6.) 207
21. Oktober. (Prag: Landtag.) Waschaty bringt eine
Interpellation an den Statthalter ein wegen der deutschen
Beantwortung einer tschechisch gestellten Anfrage. Der Oberstland-
marschall ruft die Interpellanten wegen des ungebührlichen Tones
der Interpellation zur Ordnung. Der Statthalter erklärt tschechich,
die Antwort zu verweigern, da die Interpellanten wegen des Tones
ihrer Interpellation zur Ordnung gerufen wurden und sogar die
Treue seines Amtseides anzweifeln. Der Landmarschall erklärt die
Sitzung für geschlossen, worauf die Jungtschechen „Vergewaltigung“,
„Willkür“ und ähnliches rufen. Der Lärm endet erst nach geraumer
Zeit, die Abgeordneten verlassen in Erregung den Saal.
22. Oktober. (Triest.) Der dreier Petardenattentate
überführte Coretti wird zu 3 Jahren schweren Kerkers und 2300
Gulden Schadenersatz an den schwer verletzten Knaben Bolderin
verurteilt.
28. Oktober. Das Reichsgericht entscheidet, daß durch die
Auflösung des Pro Patria-Vereins das verfassungsmäßige Recht
nicht verletzt, durch die Nichtbewilligung der Gründung der „Lega
Nazionale“ dagegen das verfassungsmäßige Recht verletzt sei.
28. Oktober. (Prag.) An den Obmann des Alttschechen-
klubs, Dr. Rieger, haben neun Klubmitglieder ein Schreiben ge-
richtet, worin sie ersuchen, ihnen die Freiheit des Handelns gegen-
über den Ausgleichspunktationen zu bewilligen, widrigenfalls sie
aus dem Klub austreten und eine neue Klubverbindung bilden
würden. Die Vertrauensmänner des Klubs beschließen, in dem
Klub den Antrag zu stellen, den erwähnten Mitgliedern die Frei-
heit des Handelns zuzuerkennen.
28. Oktober. Graf Hartenau tritt als Oberst in den
aktiven Militärdienst. Die Blätter betonen den unpolitischen Cha-
rakter dieses Vorgangs.
28. Oktober. (Herrmannstadt.) Die Konferenz der rumä-
nischen Nationalpartei beschließt, das Zentralkomitee zu be-
auftragen, ein die Beschwerden der rumänischen Nation enthaltendes
Memorandum vorzubereiten und zu geeigneter Zeit der Regierung
zu unterbreiten, sowie ferner, an der Politik der Passivität, beson-
ders bei den Reichstagswahlen, festzuhalten.
6. November. Der russische Thronfolger, Großfürst Niko-
laus, trifft auf seiner Orientreise in Wien als Gast des Kaisers