286 Rußland. (Juni 24.— August.)
24. Juni. Die Bestimmungen des Militärgesetzes über den
Eintritt ausländischer Offiziere in russische Dienste werden
aufgehoben.
27. Juni. Der „Grashdanin“ schreibt über Serbien:
„Ohne russische Hilfe ist der ökonomische Kampf gegen Oesterreich
kaum möglich. Deshalb bestehen wir unfrerseits auf der Unterstützung
Serbiens in politischer und ökonomischer Beziehung in größtem Umfange.
Wir wiederholen, daß für den russischen Handel der rechte Augenblick zur
Erwerbung eines neuen Marktes gekommen ist, um die schlechten österreichi-
schen Waren durch gute russische zu verdrängen.“ Die Regierung müsse
daher die russischen Kaufleute unterstützen. Die Hilfe Nußlands sei sicher,
so lange Serbien fortfahre, seine bisherige korrekte Politik fortzusetzen.
30. Juni. Das „Journal de St. Petersbourg“ bemerkt zur
Hinrichtung Panitzas, Prinz Ferdinand habe vor derselben das
Land verlassen, indem er darauf verzichtete, von dem ihm allein
zustehenden Rechte der Gnade Gebrauch zu machen. Der Prinz habe
hierdurch bewiesen, daß er nicht allein nicht herrsche, sondern daß
er sogar nicht einmal in Bulgarien regiere und daß Stambuloff
dort zugleich Herrscher und Regent sei. Was Stambuloff angehe,
so hätte es wahrlich nicht dieses neuen Aktes von Grausamkeit
bedurft, um die Art seiner Herrschaft kenntlich zu machen, die ein
Schrecken sei; er habe auf diese Weise zu gleicher Zeit den weniger
Voreingenommenen die flüchtige Dauer derselben gezeigt.
1. Juli. Ein vom Kaiser bestätigtes Reichsratsgutachten
verfügt, daß auch in den Mädchenschulen der Östseeprovinzen
der Unterricht in allen Lehrfächern (ausgenommen die lutherische
Religionslehre) in russischer Sprache erteilt werden soll.
Anfang Juli. Infolge der Ernennung bulgarischer Bi-
schöfe für Macedonien erklärt die russische Regierung der Pforte:
Die Zugeständnisse, betreffend die bulgarischen Bischöfe, bedeuteten
eine Stärkung einer nicht anerkannten Regierung, was die russischen
Gefühle verletzen müsse. Rußland müsse sich gegen dieselben ver-
wahren.
Das „Journal de St. Petersbourg“ schreibt hierüber:
„Die Pforte hätte sich weniger bereitwillig zeigen können, den Wün-
schen Stambulows nachzukommen, die sicher nicht der Notwendigkeit ent-
sprangen, der Kirche einen Dienst zu leisten, vielmehr politische Motive zur
Unterlage hätten, die durchaus nicht zu billigen seien, und denen die Pforte
weniger als allen anderen Interessen ihre Unterstützung zu leihen hätte.
In diesem Sinne hätte sich auch Nelidoff dem Sultan gegenüber aus-
gesprochen, doch sei keinerlei Note überreicht worden.“
August. Das „Journal de St. Petersbourg“ begrüßt die