106 Zas Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 22.—23.)
umwobene Gestalt in der vollsten Fülle seiner Schönheit und Kraft Ihnen
entgegenleuchtete, — dieser selben jungen Prinzeß, deren Verlobung am
heutigen Tage, gerade bei der Anwesenheit ihrer hohen Paten, zu verkün-
den Mir eine besondere Freude ist.
Geschwunden ist jener Held, geblieben jedoch sind die innigen Be-
ziehungen der brüderlichsten Freundschaft und Anhänglichkeit zwischen Unseren
beiden Häusern und Uns Beiden.
Der Jubel der Bevölkerung, der Euren Majestäten entgegenschlägt
und der morgen aus dem Munde Meiner Berliner Ihnen entgegenschlagen
wird, wird es bezeugen, wie dankbar das gesamte deutsche Volk es anerkennt,
daß Italiens Majestäten sich hier eingefunden haben.
Die blonde Schwester Germania begrüßt ihre schöne Schwester Italia
und durch Meinen Mund begrüßt sie die Beiden Majestäten.
Mein Glas gilt Ihrer Gesundheit und dem Wunsche, daß es Ihnen
wohlergehen möge und daß der Segen Gottes auf Ihnen und Ihrem schönen
Lande ruhen möge, welches so vielen Meiner Unterthanen und Meiner Ka-
meraden zu besonderer Freude wird, wenn es sie gastlich aufnimmt.“
22. Juni. Ueber die Möglichkeit einer Aussöhnunug zwi-
schen dem Fürsten Bismarck und dem Kaiser schreibt der
„Hamburger. Korrespondent":
Man weiß, daß Fürst Bismarck das bestehende Verhältnis, welches
das Herz manches Patrioten bedrückt, nicht unangenehm empfindet oder daß
er wenigstens die Initiative zu einer Aenderung ablehnt. An ein Ent-
gegenkommen von der anderen Seite, das als ein Canossa gedeutet werden
könnte, ist nicht entfernt zu denken. Nach der entscheidenden Ansicht fehlt
es, so lange Fürst Bismarck selbst nicht das Bedürfnis zu einem Ausgleich,
einer Annäherung, einer Versöhnung empfindet und bekundet, an der nötigen
Voraussetzung, um den offiziellen Vertretern Sr. Majestät die Teilnahme
an äußeren Ehrungen und Huldigungen des Fürsten Bismark zu gestatten.
22. Juni. In Jüterbog findet ein großes scharfes Gefechts-
schießen statt, welchem der Kaiser mit dem König von Italien
beiwohnen.
23. Juni. Besuch des italienischen Königspaares in
Berlin.
Der Magistrat hat die Stadt festlich schmücken lassen.
Der Gemeinderat von Rom sendet ihm ein Danktelegramm.
Auf dem Rückwege besucht das Königspaar die Kaiserin
Friedrich in Homburg.
23. Juni. Das Abgeordnetenhaus nimmt das Klein-
bahnen-Gesetz mit den Aenderungen des Herrenhauses an.
Schluß der Landtagssession.
Außer den bereits erwähnten Gesetzen ist noch eine Land-
gemeindeordnung für Schleswig-Holstein, ein Gesetz betr. die Polizei-
kosten, ein Gesetz betr. die Verlegung des Buß= und Bettages, ein
Gesetz betr. Ablösung der Stolgebühren durch einen Staatsbeitrag
von 2½ Mill. Mark, eine Novelle zum Berggesetz, ein Gesetz betr.