Das Dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 23.) 181
sation, die unerläßlich sein wird, wenn die Regierung mit Rücksicht auf die
öffentliche Stimmung und auf die Stimmung in diesem Hause selbst zu
einem solchen Schritte sich entschlösse“. General von Roon gibt also hier
zu, daß die zweijährige Dienstzeit unter gewissen Kompensationen nicht un-
annehmbar wäre. Er hat dasselbe drei Jahre darauf, am 28. April 1865,
wiederholt, indem er sagte: „Relativ war und ist die zweijährige Dienstzeit
zulässig, es kommt nur auf die Modalitäten an, und diese sind in unserer
bisherigen Kriegsverwaltung nicht derartig, daß man die Berechtigung der
dreijährigen Dienstzeit zum Fenster hinauswirft".
Auch wir beabsichtigen nicht, die dreijährige Dienstzeit zum Fenster
hinauszuwerfen. Daß das aber nicht allein die Ansicht des Ministers von
Roon gewesen ist, geht aus den Motiven zum Militärgesetze vom Jahre
1865 hervor, wo es im Schlußsatz heißt, nachdem vorher gesagt ist, man
will an der dreijährigen Dienstzeit festhalten: „Die Regierung muß deshalb
an dem gesetzlich Bestehenden solange festhalten, bis sie durch neue Er-
fahrungen neue Ueberzeugungen hinsichtlich einer möglichen Verkürzung der
Dienstzeit und derjenigen Bedingungen gewonnen hat, unter denen eine solche
Verkürzung überhaupt ausführbar erscheint."“
Die Regierung ist der Meinung, daß die Bedingungen jetzt gefunden
worden sind, und daß, wenn sie Berücksichtigung finden, die zweijährige
Dienstzeit ohne allen Schaden angenommen werden kann.
Wir wollen weiter statt der Maximal-Ziffer der Etatsstärken, die
bisher gegeben worden war, eine Durchschnittsziffer geben. Die Gründe
dafür werden ebenfalls von der Militärverwaltung gegeben werden. Ich
habe dem nur politisch hinzuzufügen, daß, wenn wir eine Durchschnitts-
ziffer bekommen, die die Militärverwaltung zu variieren die Mittel hat,
unsere Organisation auch an solchen Stellen, wo uns in die Karten sehen
zu lassen, wir weniger Reigung haben, weniger durchsichtig werden wird.
Unsere Nachbarn sind in der Lage, in Nancy und in Warschau ihre Etats
zu vermehren, still, ohne daß wir davon etwas bemerken. Bei unserer bis-
herigen Organisation ist das nicht möglich. Bekommen wir diese Durch-
schnittsstärken, so sind wir auch in der Lage, dem momentanen Bedürfnis
an der einen oder anderen Stelle geräuschlos genügen zu können. Wir
werden ganz absehen von den Uebungen der Ersatzreserve, ausgenommen
solche Leute, die für Verwaltungszweige eingezogen werden sollen; also
Uebungen mit der Waffe für die Ersatzreserve würden unter der Voraus-
setzung, daß die Vorlage angenommen wird, nicht mehr stattfinden.
Wir wollen für das Gesetz ein Quinquennat uns erbitten. Die
Gründe, die gegen die einjährige Bewilligung sprechen, sind allgemein be-
kannt und will ich Ihre Geduld nicht mit deren Wiederherzählung ermüden.
Das nur will ich hinzufügen, daß wir für diesmal einer längeren Frist
auch aus rein militärischen Gründen bedürfen, um die Reform durchzu-
führen. Wir können sie nicht in große, von einander getrennte Perioden
teilen, wie das bei der Reform von 1889 geplant und im Werke war, weil
wir nicht ebenso viel fordern. Wir können, was wir machen, hintereinander
durchführen. Indessen wird immer eine Reihe kleiner Maßregeln übrig
bleiben, die auf Jahre noch zu erfüllen sein werden.
Ich möchte mich nun noch einmal den Windthorst'schen Resolutionen
zuwenden, die im Jahre 1890 gefaßt worden sind. Ich bin der Meinung,
daß die verbündeten Regierungen diesen Resolutionen soweit nachgekommen
sind, als es irgend in ihrer Macht lag.
Die erste Resolution war: „Die Erwartung auszusprechen, daß die
verbündeten Regierungen Abstand nehmen werden von der Verfolgung von
Plänen, durch welche die Heranziehung aller wehrfähigen Mannschaften zum