Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

222 Die Oesterreithish·Angarishe Menarhie. (April 26.) 
fochten, sein Standbild in Wien aufgerichtet zu sehen. Die Ungunst be— 
wegter Zeiten verzögerte die Ausführung, inzwischen lichteten sich die Reihen 
jener Veteranen immer mehr, und erst vor sechs Jahren, unter dem feurigen 
Impulse des Generals der Kavallerie Prinz Taxis und Feldzeugmeisters 
Baron Schoenfeld wurde der Verwirklichung entgegengegangen. Das von 
mir berufene Komite unterzog sich mit Begeisterung seiner Aufgabe. Indem 
Euer Majestät huldreichst gestatteten, daß dieses Monument ausschließlich 
durch freiwillige Beiträge zu stande komme, gaben Allerhöchstdieselben allen 
Klassen Ihrer treuen Unterthanen Gelegenheit, ihre patriotischen Gefühle in 
brüderlicher Uebereinstimmung zu bethätigen. 
Aus allen Gauen des weiten Reiches flossen unzählige Beiträge von 
Reich und Arm, von Veteranen und Jugend, von Truppenkörpern und Ge- 
meinden, so daß binnen wenig Monaten die Kosten reichlich gedeckt waren. 
Wiens Vertretung unter Bürgermeister Uhl überließ — nebst reicher Spende 
— bereitwilligst die Auswahl des Aufstellungsplatzes. Hervorzuheben ist 
besonders die erfolgreiche Thätigkeit des engeren Exekutivkomites, in welchem 
das Herrenhausmitglied Dumba sich unermüdlich der administrativen und 
finanziellen Gebahrung unterzog, während Meister Zumbusch mit wahrer 
Liebe und Aufbietung aller Kräfte an der ihm übertragenen Aufgabe ar- 
beitete. Das Denkmal des treuen Dieners von fünf Monarchen, des Helden 
und Patrioten, des Vaters seiner Soldaten, des greisen Siegers in Entschei- 
dungsschlachten, welches nun vollendet dasteht, ist zugleich ein Denkmal ge- 
worden der Dankbarkeit und zusammenwirkenden Opferwilligkeit der unter 
dem Szepter Euerer Majestät vereinigten Bölker. Radetzky's Standbild 
möge jeden Vorbeiziehenden daran erinnern, daß die göttliche Vorsehung seit 
sechs Jahrhunderten das Erzhaus Oesterreich in den größten Bedrängnissen 
stets Männer der rettenden That finden ließ, welche die treuen und tapferen 
Heere zum schließlichen Siege führten, indessen der Patriotismus der Bölker 
die schwersten Opfer hingebungsvoll brachte. Gott beschütze ebenso fernerhin 
das Erzhaus und seine österreichisch-ungarische Monarchie. Gott erhalte 
Euere Majestät Beiden bis an die denkbar äußerste Lebensgrenze! 
Der Kaiser erwidert: 
„Es ist ein erhebender Moment, da die Hülle des Denkmals fällt, 
welches patriotisch-dankbare Begeisterung dem leuchtenden Andenken des ver- 
ewigten Feldmarschalls Grafen Radetzky gewidmet hat. Mit hoher Befrie- 
digung und wärmster Anerkennung begrüße Ich das edle Werk, zu dessen 
Werden sich Euere kaiserliche Hoheit, der ruhmreiche Nachfolger des großen 
Feldherrn, — viel wackere Kampfgenossen und Veteranen aus sturmbewegter 
Zeit — von Vaterlandsliebe erfüllte Kreise und in künstlerischem Schaffen 
erprobte Männer erfolgreichst verbunden haben. 
Allen sei Dank im Namen Meiner gesamten Wehrmacht, in deren 
Reihen heute die Nachkommen jener Tapferen stehen, die Nadetzky einst von 
Sieg zu Sieg geführt. Auf neuer, breiter Grundlage ruht die Wehrmacht 
— ihre berufefrendige Zuversicht aber schöpft sie aus ihrer ehrenreichen Ver- 
gangenheit, Radetzky's Standbild — eine Zierde Wiens und hier pietäts- 
voll gehütet — wird fernen Geschlechtern des Helden Ruhm und mit des 
Erzes Unvergänglichkeit verkünden, daß Treue und Hingebung, Standhaftig- 
keit und Thatendrang, getragen von unerschütterlichem Vertrauen in ver- 
einte Rraft, die Tugenden sind, welche ihn und seine Streiter stark machten, 
zum Wohle des Vaterlandes und Meines von diesem unzertreunlichen Hauses!" 
26. April. (Pest.) Im Abgeordnetenhause findet eine 
stürmische Sitzung statt. Die Opposition tadelt, daß bei der
	        
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