Bie Gesterreichisch-Augerische Monarchie. (Dezember 5.) 247
sei von der Politik der deutschen Linken unlösbar, er sei einer der
Marksteine für die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu der
Majorität. Parteien, die bezüglich der grundlegenden staatlichen
Anschauungen in unüberbrückbarem Gegensatz stehen, könnten nicht
in einer Majorität zusammen sein. Dies gelte auch vom Staats-
recht. Bei der hierauf folgenden namentlichen Abstimmung wurde
der Dispositionsfonds mit 167 gegen 146 Stimmen abgelehnt.
Die Linke nahm das Resultat der Abstimmung mit anhaltendem
Beifall auf.
Vom Hohenwart-Klub und vom Coronini-Klub fehlten viele Mit-
glieder bei der Abstimmung. Dagegen stimmen die Vereinigte deutsche
Linke, die Deutschnationalen und die Jungtschechen.
5. Dezember. (Wien.) Abgeordnetenhaus. In Beant-
wortung der Interpellation Plener, betreffend die Auflösung des
Reichenberger Stadtverordneten-Kollegiums, führt der Ministerprä-
sident Graf Taaffe aus, ein Rekurs sei innerhalb der gesetzlichen
Frist nicht eingebracht, daher habe er als Minister des Innern sich
nicht instanzenmäßig mit der Angelegenheit befassen können.
Jedoch stehe er nicht an zu erklären, daß er die Verfügung des Statt-
halters, betreffend die Auflösung des Stadtverordnetenkollegiums, billige
und in den Verhältnissen begründet erachte. Zu dieser Anschauung ver-
anlasse ihn sein auf Grund von amtlich erhobenen Thatsachen gebildetes
Urteil über die Thätigkeit der aufgelösten Stadtvertretung. Alsdann führte
der Ministerpräsident eine Reihe von Uebergriffen der Stadtvertretung
gegenüber der Statthalterei und dem böhmischen Landtage an, und wies
auf die aufreizenden Reden in derselben hin, deren Wiedergabe in den
Blättern die gerichtlich bestätigte Beschlagnahme der letzteren herbeigeführt
habe. Graf Taaffe rügte besonders den wiederholten Anschlag im Volks-
bade, durch welchen denjenigen, welche nicht deutsch sprächen, die Ausweisung
angedroht wurde. Mehrfach seien an den Bürgermeister erfolglose Mahnungen
wegen des Mangels an Polizei bei Vereinsversammlungen gerichtet worden,
z. B. aus Anlaß der Sedanfeier des deutsch-nationalen Vereins am 1. Sep-
tember 1892, wo unbeanstandet Reden gehalten seien, deren Abdruck die
gerichtliche Beschlagnahme herbeigeführt habe. Des Weiteren führte der
Ministerpräsident als kennzeichnend für die Reichenberger Verhältnisse die
Uniformen der städtischen Sicherheitswache an, wofür das Muster nicht in
Oesterreich gemacht sei. (Hört! hörtl rechts.) Schließlich erwähnte Graf
Taaffe den Fackelzug für den Bürgermeister und terroristische Kungebungen
vor der Wohnung des vermeintlichen Verfassers eines Artikels in einer
Reichenberger Zeitung, welcher die Uniform der Polizei rügte und es tadelte,
daß der Bürgermeister bei offiziellen Feierlichkeiten den ihm verliehenen
Orden nicht angelegt habe. Unter der Regierung dieser Partei sei es in
Reichenberg mit der Freiheit des Bürgers dahin gekommen, daß es gefähr-
lich würde, öffentlich an das Schickliche zu mahnen. Der Ministerpräsident
führte die Klagen der verschiedenen Behörden an, wies auf das maßlose
Hervorkehren des Parteistandpunktes hin, sowie auf die Intoleranz und
offene Mißachtung gegenüber den Meinungen anderer und auf die beleidi-