286 Schweiz. (Mitte Juli—August 29.)
Errichtung einer Bundesbank mit Notenmonopol, Zündhölzer= und
Tabakmonopol, Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung, sowie Wieder-
aufnahme der Bemühungen um eine internationale Fabrikgesetz-
gebung.
Mitte Juli. Bei einem Schützenfest in Glarus hält Bundes-
präsident Hauser folgende Rede:
Eidgenossen! Wenn ich von unsern Beziehungen zum Auslande
spreche, so habe ich noch etwas auf dem Herzen. Es gereicht mir zu hoher
Genugthuung und zum Stolz, es an dieser Stelle aussprechen zu dürfen,
daß wir zu allen unsern Nachbarstaaten und zu den übrigen in der Schweiz
vertretenen Ländern in den freundschaftlichsten und angenehmsten Beziehungen
stehen. Und doch tauchten von Zeit zu Zeit Federn mit Kundgebungen
auf, welche geeignet werden könnten, diese guten Beziehungen zu trüben.
So hat man auch in jüngster Zeit die Neutralitätsstellung der Schweiz zum
Gegenstande öffentlicher Erörterung und Polemik gemacht. Man hat ver-
sucht, die Neutralität der Schweiz als ein fadenscheiniges Ding hinzustellen
und Zweifel erhoben, ob unfre Neutralität im Kriegsfalle vom Auslande
noch respektiert würde; man hat sogar unfre Befestigungen am Gotthard,
weil angeblich ausschließlich gegen Italien gerichtet, als eine Verletzung der
Neutralität hinstellen wollen. Wenn wir auch solchen Kundgebungen, die
von maßgebender Seite bereits richtig gestellt worden sind, und der daran
sich knüpfenden Polemik eine größere Bedeutung nicht beilegen, so mag
vielleicht gerade die Rednerbühne des eidgenössischen Schützenfestes kein un-
geeigneter Ort sein, denselben kurz und bündig entgegenzutreten. Fest ent-
schlossen, mit allen unsern Nachbarn in Frieden zu leben und unfre Pflichten
als neutraler Staat voll und ganz und mit Einsetzung unfsrer ganzen Wehr-
kraft zu erfüllen, verbitten wir uns vor allem solche Ratschläge und Winke
und Allianz-Anerbietungen, kommen sie von welcher Seite sie wollen. Wir
wollen Herren sein im eigenen Lande und wissen ohne Einflüsterungen von
außen, was wir zu thun und zu lassen haben. Nicht umsonst haben wir
keine Opfer gescheut, um unfre Armee nach den Anforderungen der modernen
Kriegswissenschaft auszubilden und dieselbe mit einer den Fortschritten der
Waffentechnik entsprechenden trefflichen Kriegswaffe auszurüsten; nicht um-
sonst haben wir Millionen auf die Befestigung des Gotthard verwendet.
Wir haben damit den festen Willen bekundet, unsre Neutralität zu wahren
und jedem in den Waffen entgegenzutreten, der die Grenzen unfres Landes
zu überschreiten versucht. Und sollten wir durch einen solchen Angriff von
außen aus unfrer neutraldefensiven Haltung hinausgedrängt und wider
unsern Willen in den Strudel kriegerischer Ereignisse hineingerissen werden,
so wahren wir uns wiederum das freieste Recht der Selbstbestimmung, mit
wem und gegen wen wir uns verbünden wollen. Weit entfernt, eine Ver-
letzung unsrer Neutralität zu sein, bildet das Bollwerk am Gotthard einen
mächtigen Faktor zur striktesten Durchführung dieser Neutralität und damit
zugleich eine Verstärkung der Garantien für die Erhaltung des europäischen
Friedens und die Wohlfahrt aller Völker. So fassen wir unfre Stellung
auf, und ob in Zukunft das Volk oder dessen Vertrauensmänner die oberste
Landesbehörde wählen, es wird keinen Bundesrat geben, welcher von diesem
Wege sich abdrängen ließe, welchen die Ehre und die Unabhängigkeit des
Vaterlandes gebieterisch vorzeichnen; und hinter seinen Behörden — dessen
bin ich überzeugt — steht das ganze Volk, bereit, mit Gut und Blut für
das Vaterland einzustehen!
29. August. (Bern.) Eröffnung der vierten interparlamen-