300 Rußland. (Anf. Juni— August 19.)
fort: „Die Leidenschaften werden sich legen; man ist des nervösen Lebens
in der äußeren Politik satt. Es ist Zeit für jeden Staat, sich mit der
eigenen Selbstentwickelung zu beschäftigen."
Anf. Juni. Aufenthalt des Großfürsten Constantin in Frank-
reich. Vgl. Frankreich.
Mitte Juni. Die russische Regierung genehmigt den Plan
des Barons Hirsch, in 25 Jahren die 3,500,000 Juden aus Ruß-
land allmählich auswandern zu lassen. 1892 wandern demnach
25,000 aus, in den nächsten Jahren wird die Auswandererzahl
gesteigert.
16. Juni. Es erscheint ein kaiserlicher Ukas über die teil-
weise Aufhebung des Getreide-Ausfuhrverbots (mit Ausnahme des
Roggens).
10. Juli. Abreise des Kaisers aus Dänemark.
15. Juli. Artikel des „Figaro“ „Alliance ou flirt“ über das
russisch-französische Bündnis.
20. Juli. Antwort der „Nowoje Wremja".
Anf. August. Die von ungarischen Zeitungen erzählte Aeuße-
rung des Zaren, die Polen müßten ausgerottet werden, wird fol-
gendermaßen berichtigt: Bei einem Gespräche in der keaiserlichen
Familie habe ein Großfürst die Polen eine edle Nation genannt,
die ein besseres Los verdienten. Darauf habe der Kaiser geant-
wortet: „Es ist wahr; aber die Polen sind unfähig zur Selbst-
ständigkeit und müssen deshalb zu Grunde gehen.“
Anf. August. Der bisherige russische Konsul in Lissabon,
Hitrowo, wird nach Japan versetzt.
Mitte Juni. In einem Auszug aus dem Rechenschaftsbericht
des Oberprokurators des hl. Synod liest man:
„Nirgends in Europa erfreuen sich die fremden Konfessionen
einer so weiten Freiheit, wie inmitten des russischen Volkes, welches,
seiner Natur nach, fest an dem Seinigen haltend, sich friedlich gegen
jedes andere Glaubensbekenntnis verhält, wenn dies sich selbst fried-
lich verhält.“
11. August. Sendung des französischen Generals Boisdeffré
nach Petersburg; vgl. Frankreich.
Mitte August. Der Oberst Wendrich wird zum General-
inspektor sämtlicher Bahnen in Rußland ernannt.
19. August. Es wird ein Gesetz veröffentlicht, wonach der
Abschluß wucherischer Geschäfte beim Ankauf von Getreide von den
Bauern durch die Friedensrichter mit Arrest bis zu drei Monaten,