306 Bulgarien. (April 12.)
aufhalten, mit russischen Pässen versehen sind, ohne russische Unterthanen
zu sein. Ja, die bulgarische Regierung habe sogar konstatiert, daß einzelne
Brigantenchefs, die in der Türkei geboren sind und türkische Unterthanen
seien, solche russische Pässe besitzen, so ein gewisser Costa Ivanow, genannt,
Giurdschukli, aus Macedonien, der Häuptling einer Räuberbande, die zahl-
reiche Räubereien verübt und mehrere Mordthaten vollbrachte. Es ist dies
derselbe Räuberhauptmann, der auf der Station Bellovo Herrn Ländler
sowie den Sofioter Kaufmann Mitcoglu gefangen nahm. Bei diesem
Giudschukli sei nun ein auf drei Mouate gültiger, vom russischen Gesandten
in Belgrad, Herrn Persiani, unterzeichneter Passierzettel vom 3. Februar
1889, lautend auf den Namen Costa Jovanowitsch, bulgarischen Emigranten,
ferner ein von der russischen Gesandtschaft in Bukarest am 16. Februar 1889
in aller Form ausgestellter Paß gefunden worden, welch' letzterer das be-
treffende Individuum als russischen Unterthanen bezeichnet. Abgesehen von
dem ihnen seitens der russischen Behörden gewährten Schutz, erhalten die
bulgarischen Emigranten Subsidien von panflavistischen Komitees für die
Organisierung und Ausführung von Komplotten gegen die fürstliche Re-
gierung, und außerdem werden ihre Reisen durch die Schiffe der freiwilligen
russischen Kreuzerflotte und der Gangarin'schen Dampfschiffahrtsgesellschaft
erleichtert, so daß sie der Wachsamkeit der bulgarischen Behörden entschlüpfen
können. Wierauf setzt die Note wörtlich folgendermaßen fort:
„Wenn die bulgarischen Anarchisten nicht von den russischen, pan-
slavistischen Komités unterstützt und ermutigt würden, wenn nicht in sicht-
licher Weise der Schutz gewisser Funktionäre der russischen Regierung zu
Teil würde, und wenn sie nicht in der Türkei eine von allzu weitgehender
Nachsicht getragene Gastfreundschaft fänden, die sie bis zum heutigen Tage
nur allzu oft mißbrauchten, so würden sie ihre Verbrechen, deren offenkun-
diger, von ihnen selbst cynisch eingestandener Zweck die Aenderung der in
Bulgarien bestehenden Ordnung der Dinge ist, unzweifelhaft nicht ausführen
können. Seit dem Tage, wo Buclgarien sich selbst überlassen wurde, als
Herr seiner inneren wie seiner äußeren Politik, entsprechend der internationalen
Lage, die ihm seit seiner Schaffung zugewiesen wurde, hat die fürstliche
Regierung sich bemüht, die besten Beziehungen zu der hohen Pforte zu unter-
halten und die Bande zwischen dem suzeränen Hofe und dem Fürstentum
enger zu knüpfen. Die bulgarische Regierung glaubt, nachdem sie Ordnung
und Ruhe aufrecht erhalten hat, ihren internationalen Verpflichtungen nach-
gekommen ist, insbesondere die Forderungen Rußlands betreffs der Okkupations-
kosten und der nach Bulgarien geflüchteten angeblichen russischen Anarchisten
befriedigt, nachdem sie mit einem Worte ihre Pflichten gegenüber Allen erfüllt
hat, das Vertrauen der hohen Pforte zu verdienen und sich genug Ansprüche
auf ihre Fürsorge erworben zu haben, damit sie den Schutz der Rechte und
Interessen Bulgariens in die Hände nehme. Die fürstliche Regierung ist
überzeugt, daß die hohe Pforte fest entschlossen ist, sowohl für die Ermordung
des Dr. Vulkowitsch schuldigen Individuen zu verfolgen und der Bestrafung
zuzuführen, als auch auf dem Boden des Reiches neuen revolutionären
Unternehmungen gegen das Fürstentum den Weg zu verschließen. Die Unter-
suchung hat ergeben, daß, wenn Merdschan und Christo die materiellen Ur-
heber des Verbrechens waren, die Brüder Nikolaus und Naum Tufektschiew
mit Wladimir Schischmanow die intellektuellen Urheber desselben gewesen
sind. Die Einen wie die Anderen sind für die Ausführung des Verbrechens
in gleicher Weise schuldig und müssen in gleicher Weise verfolgt und bestraft
werden. Die fürstliche Regierung zweifelt daher nicht, daß die hohe Pforte
die Auslieferung der intellektuellen Urheber des Berbrechens, die sich in Ruß-
land befinden, verlangen wird. Damit neuerlichen Attentaten gegen die