Das Dentsche Reih und seine einzelnen Glieder. (Januar 28.) 25
2. Die Begründung von konfessionellen Privatschulen der Diaspora, wo für
eine öffentliche Konfessionsschule nicht die genügende Schülerzahl vorhanden
ist, darf in keiner Weise erschwert werden. 3. Die Angelegenheiten des Re-
ligionsunterrichts müssen mit den zuständigen Organen der Kirche verein-
bart werden. 4. Die Ausbildung der Lehrer für konfessionelle Volksschulen
muß auf konfessionellen Lehrerbildungsanstalten und durch Persönlichkeiten
geschehen, die dem Bekenntnis ihrer Kirche aufrichtig zugethan sind. 5. Zur
Anstellungsfähigkeit an konfessionellen Volksschulen ist die selbsteigene Zu-
stimmung der Lehrer zu dem Bekenntnisse ihrer Kirche und eine Mitwirkung
der Kirche bei der betreffenden Lehrerprüfung erforderlich. 6. Die Familie
muß als die Grundlage des öffentlichen Volksschulwesens anerkannt und bei
der Schulorganisation in entsprechender Weise berücksichtigt werden. 7. Für
jede konfessionelle Volksschule muß eine konfessionelle Schulpflege mit dem
Ortspfarrer beziehungsweise mit einem der Ortspfarrer als Vorsitzenden
eingerichtet werden. 8. Die Kreisschulinspektion im Hauptamt muß kon-
fessionell gesondert bleiben und darf nur solchen Persönlichkeiten übertragen
werden, die auf dem Boden des Bekenntnisses ihrer Kirche stehen. 9. Die
berechtigten Forderungen des Lehrerstandes müssen erfüllt, und den Lehrern
muß amtlich und sozial die ihnen gebührende Stellung gegeben werden.
10. Das im Besitze der Kirche beziehungsweise der Kirchengemeinde sich be-
sindende Schulvermögen muß diesen unverkürzt erhalten werden."“
Wenn Sie nun, meine Herren, diese Forderungen des evangelischen
Schulkongresses, welche der Hauptverein des evangelischen Bundes zu West-
falen zu dem seinigen gemacht hat, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu
vergleichen die Güte haben, so werden Sie finden, daß der vorliegende Ent-
wurf in sehr erheblichen Punkten hinter diesen Forderungen zurückbleibt;
jedenfalls werden Sie finden, daß mit den wesentlich übereinstimmenden
Forderungen der Generalsynode, des evangelischen Kongresses, dieses Teiles
des evangelischen Bundes die Forderungen, die von unserer Seite von jeher
erhoben worden sind, zu einem sehr erheblichen Teil in voller Ueberein-
stimmung sich befinden, und es scheint mir nun unbegreiflich, da der Bolks-
schulgesetzentwurf nicht über jene evangelischen Forderungen zu Gunsten
katholischer Forderungen hinausgeht, es erscheint mir unbegreiflich und un-
zulässig, daß man angesichts dessen in das Land hinausgeht und zu Leuten,
die diesen Gesetzentwurf nicht ordentlich gelesen haben, die keine ordentliche
Kenntnis von unseren thatsächlich bestehenden Schulverhältnissen haben, sagt:
der Protestantismus ist in Gefahr, es werden die Wünsche der Katholiken
erfüllt und unser geordnetes Schulwesen wird auf eine prinzipiell höchst
verderbliche andere Bahn übergelenkt.
Also ich möchte bitten, daß man diese aufreizende Bewegung aus
der öffentlichen Diskussion fortläßt, denn, meine Herren, die Frage der
Negulierung des Schulwesens ist wahrhaftig eine so ernste, daß die christ-
lichen Bekenntnisse keinen Anlaß haben, bei Erledigung dieser Frage in
irgend einer Weise sich in die Haare zu fahren, vielmehr haben diese Be-
kenntnisse angesichts der Zustände in unserem Lande die vollste Verpflich-
tung, insoweit der evangelische und katholische Glaubensteil einig sind in
Formusierung der Forderungen für die Schule, diese Forderungen zum Gesetz
zu erheben.
Nun, meine Herren, ist ja sehr viel davon die Rede gewesen, daß
durch diesen Entwurf unser Schulwesen jetzt auf prinzipiell andere Bahnen
übergelenkt wird. Meine Herren, wir müssen einmal den Streitpunkt fixieren.
Der Herr Abgeordnete Richter hat dem Herrn Kultusminister unter
den vielen liebenswürdigen Vorwürfen, die er ihm machte, auch den Vor-
wurf gemacht, es habe sich eigentlich keine weitere Begründung für die Vor-