Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Das Denisqhe Reith und seine einzelnen Glieder. (Januar 28.) 41 
Rechte zu verhindern, und ich glaube, daß hier eine wesentliche Schädigung 
der Kronrechte eintritt, wenn Staatsbeamte in einem bestimmten ihnen über- 
tragenen Wirkungskreise nicht mehr wirken können, weil eine außerhalb des 
Staates stehende Macht sie daran hindert. Meine Herren, ich habe schon 
hervorgehoben, daß der Schutz, welchen der Regierungspräsident einem solchen 
Beamten gibt, wirkungslos sein wird. Schon die Thatsache, daß es dem 
Geistlichen gestattet ist, die Thätigkeit eines Lehrers nach der Seite hin, ob 
er seinen Beruf noch weiter fortzuführen hat, zu beurteilen und Klage da- 
gegen zu erheben, greift meines Erachtens in die Staatsrechte ein, die die 
Krone auszuüben berufen ist. Meine Herren, und somit werden die Schulen, 
wenn die Einwirkung der Geistlichen bleibt, zweifellos zu Kirchenschulen 
werden. Will der Lehrer seine ganze Existenz und diejenige seiner Familie 
nicht aufs Spiel setzen, so ist er bei jedem Grengstreit zwischen Staat und 
Kirche völlig verloren, und das ist es, was der Herr Abgeordnete Hobrecht 
in seiner ersten Rede über diese Bestimmungen des Gesetzentwurfs gemeint 
hat. Er muß die Lehrer notwendig dazu treiben, gegenüber ihren Vor- 
gesetzten augendienerisch zu sein und sich den Anordnungen derselben anzu- 
bequemen. Und es wird sich hier nicht immer um Anforderungen an den 
Lehrer für den eigentlichen Religionsunterricht handeln, sondern es werden 
Zeiten kommen, wo bestimmte Anforderungen zum Kampf gegen den Staat 
bereit gehalten werden sollen. Der Lehrer wird augendienerisch sein müssen 
gegen seine geistlichen Vorgesetzten, und er wird sich deren Schutz eher an- 
vertrauen als demjenigen des Staates, der überhaupt die Oberaufsicht des 
Schulwesens in die Hände des Geistlichen viel mehr hingibt, als es not- 
wendig ist. 
Meine Herren, die starke konfessionelle Scheidung des Volkes, wie sie 
in diesem Entwurfe ausgesprochen ist, ist das erste der Erfüllung der Wünsche 
des Abgeordneten Windthorst. Der Herr Abgeordnete Richter sagt: ja, wenn 
wir jetzt die Schule konfessionell gestalten, so wird es sehr bald kommen, 
daß wir konfessionelle Armenpflege, Universitäten, und schließlich, daß wir 
konfessionelle Generäle haben oder haben sollen. Ja, meine Herren, das ist 
eine der schon bestehenden Forderungen des Zentrums. Die erste Etappe zu 
dem allgemeinen Siege ist die Betonung des Konfessionellen in der Volks- 
schule, die Scheidung der Volksschule nach bestimmten konfessionellen Gegen- 
sätzen. Das wollte Herr Windthorst als der Vertreter der ecclesia militans. 
Und wenn fie diese Etappe erreicht haben, dann gehen sie weiter. Die freie 
Universität in Fulda steht schon längst als zweite Forderung des Zentrums 
fest. Wenn Sie diesen Entwurf bewilligen, wird die freie Universität auf- 
kommen, als notwendige Konsequenz — verhehlen Sie sich dieses ja nicht — 
der konfessionellen Scheidung beim Volksschulenunterricht. 
Wir haben von seiten des Abgeordneten Windthorst schon häufig 
darüber Klage führen hören, daß die Minister nicht nach Konfessionen ge- 
wählt werden, daß wir nicht genügend katholische Minister hätten. Ja, ich 
weiß noch die allgemeine Freude, die in Zentrumskreisen herrschte, als der 
kommandierende General v. Los ernannt wurde, welcher katholischer Reli- 
gion ist und deshalb auch für das Zentrum die Qualifikation als Befehls- 
haber eines Armeekorps besitzt. Jedenfalls sind diese Gründe ja keinesfalls 
für die Ernennung entscheidend gewesen, aber das Zentrum that, als wenn 
damit einer seiner Wünsche erfüllt worden sei. Es will die Konfessions- 
scheidung und das Bewußtsein davon nach allen Richtungen hin herbeiführen. 
Der Plan des Abgeordneten Windthorst ging dahin, die Nation in zwei 
Hälften zu teilen, um den Kampf gegen den protestantischen Teil aufzu- 
nehmen und den Sieg des römisch-katholischen Teils zu erreichen, und ich 
behaupte, daß in diesem Gesetzentwurf die ersten und wichtigsten Kon-
	        
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