Das Denisqhe Reih und seine einzelnen Glieder. (Juli 14.—15.) 93
Leuß, sowie der Pole v. Czarlinski, die Abgg. Eck (3.), Hilpert (wild),
Letocha (Z.). Abg. Wenzel erklärt, daß er durch Zufall verhindert
gewesen sei, der Abstimmung beizuwohnen und mit Nein zu stimmen.
Der Antrag Carolath-Rösicke wird abgelehnt.
Zu § 2 ergreift das Wort Graf Herbert Bismarck, dem
Graf Caprivi repliziert.
14. Juli. Im Reichstag wird eine „wirtschaftliche Ver-
einigung“ gebildet.
15. Juli. (Reichstag: Militär-Vorlage.) Dritte Lesung.
Auf eine Anfrage des Abg. Rickert bestätigt der Reichskanzler,
daß weder eine Bier= noch eine Branntweinsteuer, noch eine Steuer
auf Lebensmittel eingeführt werden soll. Bei der namentlichen
Abstimmung im Ganzen wird das Gesetz mit 201 gegen 185 Stimmen
angenommen (Gesetz v. 8. Aug.). Es haben auf seiten der Mehr-
heit die drei Antisemiten Liebermann v. Sonnenberg, Leuß und
Ahlwardt mehr abgestimmt; auf seiten der Minderheit haben zwei
gefehlt.
Der Reichstag wird geschlossen. An die betreffende Botschaft
schließt der Reichskanzler einen Dank des Kaisers für die patriotiche
Mitwirkung des Reichstags bei der Heeresverstärkung.
15. Juli. Der Kaiser erläßt folgende Kabinettsordre:
Mein lieber Reichskanzler Graf von Caprivil
Mit sreudiger Genugthuung blicke Ich auf den erfolgreichen Ab-
schluß der Verhandlungen über die Armee-Reform, welche durch die not-
wendige Verstärkung unserer Wehrkraft eine Bürgschaft für die Sicherheit
des Reiches und damit für eine gedeihliche Entwickelung unserer vater-
ländischen Verhältnisse darbietet. Neben der patriotischen Unterstützung,
welche das von Mir und Meinen hohen Verbündeten verfolgte Ziel in
weiten Kreisen des deutschen Volkes, sowie bei der Mehrheit des Reichs-
tages gefunden hat, ist das Zustandekommen dieses großen Werkes vor allem
Ihr Verdienst, indem Sie mit fachmännischem Verständnis, staatsmännischem
Blick und hingebender Thätigkeit in allen Stadien der stattgehabten Er-
örterungen Sich haben angelegen sein lassen, die Reform einem befriedigenden
Ende entgegenzuführen. In der Wertschätzung dieser Ihrer Verdienste weiß
Ich Mich mit Meinen hohen Verbündeten eins, und es ist Mir eine an-
genehme Pflicht, Ihnen Meine volle Anerkennung und Meinen unauslösch-
lichen Dank mit dem Wunsche auszusprechen, daß Ihre unschätzbaren Dienste
Mir und dem Vaterlande noch lange mögen erhalten bleiben.
Neues Palais, den 15. Juli 1893.
Ihr wohlgeneigter
Wilhelm J. R.
15. Juli. Der Kaiser tritt in Begleitung der Kaiserin
seine Reise über Kiel nach Norwegen an.
15. Juli. Der Kaiser sendet folgendes Telegramm nach
Annahme der Militärvorlage an den Abg. v. Koscielski: