4 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 12.)
verminderungen und bei der starken Vermehrung der Ausgaben auf der
anderen Seite können die regulären Einnahmen des Staats nicht zureichen,
und daraus ergibt sich, daß wir extraordinäre zur Deckung zu Hilfe nehmen
müssen. Wenn wir auf die Vergangenheit zurückblicken, so finden wir in
einzelnen Jahren Einnahmeschwankungen bis zu 50 Millionen Mark. Vom
Jahre 1886/87 haben sich die Einnahmen aus der Eisenbahnverwaltung,
wenn auch nicht außerordentlich, so doch in einem immerhin erheblichen Rück-
gang befunden. Daraus wird man aber die Ueberzeugung gewinnen können,
daß bei Wiederaufleben der allgemeinen gewerblichen Verhältnisse auch die
Einnahmen der Eisenbahnen wieder eine steigende Richtung nehmen werden.
Wir werden auch erwarten müssen, daß es der Eisenbahnverwaltung gelingen
wird, die Ausgaben möglichst zu vermindern und mit Wenigem möglichst
viel zu leisten. (Bewegung.) Wenn ich nun zu den Ergebnissen des Jahres
1891/92 übergehe, so hat dieses ein Defizit gebracht von 44,900,000 M Die
Eisenbahnverwaltung allein weist einen Minderertrag gegen den Etat auf
in Höhe von 59 Millionen Mark. Diesen stehen verschiedene Mehreinnahmen
gegenüber, sowie Minderausgaben, so bei den „Zuschuß“-Verwaltungen mit
2 bis 3 Millionen. — Fragen wir, wie sich das laufende Etatsjahr stellen
wird, so kann ich Günstigeres nicht in Aussicht stellen. Im Gegenteil, wir
werden mindestens ein ebenso großes Defizit haben. Bei den Domänen
etwa 100,000 Einnahmen weniger, bei den Forsten etwa 2 Millionen
Mark mehr, bei den indirekten Steuern ebenso viel weniger, bei den Berg-
werken 5 1/2 Millionen weniger und bei den Eisenbahnen 61 Millionen
weniger an Ertrag! Dagegen werden die Ueberweisungen aus den Zöllen
um fast 11 Millionen höher, die aus der Branntweinsteuer jedoch um
1,800,000 M niedriger veranschlagt, und auch die aus der Stempelsteuer
um 120,000 M niedriger. Auch die Ueberweisungen an die Kommunen
werden um 9,400,000 M niedriger sein. Wir werden uns also in der That
für das laufende Jahr auf wiederum ungünstige Resultate gefaßt machen
müssen. Allerdings ist betreffs der Eisenbahnen zu bemerken, daß deren
Minderüberschüsse nicht nur auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen
sind, sondern auch auf die Cholera. Hoffen wir, daß wenigstens dieser
Grund für die Verschlechterung der Etatsergebnisse nicht wiederkehre! — In
dem gegenwärtig vorgelegten Etat schlagen wir die Vermehrung der Lotterie-
lose um 30,000 vor. Der Minister geht dann auf die einzelnen Ressort-
etats pro 1893,94 ein und legt u. A. dar, daß die bei der Steuerreform-
Vorlage geschehene Veranschlagung der Erträge aus der lex Huene mit 24
Millionen Mark pro Jahr eher noch zu hoch, als zu niedrig gegriffen er-
scheine. Auch führt er aus, daß das Gesetz über die Rentengüter schon jetzt
in erheblichem Umfange zur Anwendung gelangt sei. Die Generalkommission
sei schon gegenwärtig im Besitz von 120,000 Hektaren. Im Einklange mit
der ganzen wirtschaftlichen Lage der Industrien seien in letzter Zeit vielfach
Arbeiter mit erspartem Kapital aus dem Westen nach dem Osten zurück-
gekehrt. Das komme dem Erwerb von Rentengütern zu Gute. Er hoffe,
daß diese segensreiche Entwickelung ihren Fortgang nehmen werde. (Bei-
fall rechts.) Auch die Aufforstung von Oedländereien, Meliorationen
gerade im Osten, werde sich die Generalkommission angelegen sein lassen,
und er hoffe, den einschlägigen neuen Etatsforderungen werde das Haus
gern zustimmen. (Beifall rechts.) Wenn Sie, so fährt der Minister
fort, das Gesamtbild des Etats ansehen, so werden Sie finden, daß dasselbe
nicht erfreulich ist. Aber im wesentlichen sind die Gründe dazu nur vorüber-
gehender Natur. Aber freilich — nur im wesentlichen. Denn es gibt da
auch Gründe dauernder Natur. Wir haben bisher unsere Ausgaben zu
wenig bemessen im Verhältnis zu den Einnahmen. Voraussetzung aller