Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunter Jahrgang. 1893. (34)

174 Hie Gesterreigisc-Auserische Moenarchie. (März 3.—17.) 
die Städtebezirke Stockerau, Korneuburg, Oberhollmbrunn wird der 
Deutschliberale Freiherr v. Czedik mit 598 Stimmen gewählt. Der 
Deutschnationale Knotz erhält 406 Stimmen. 
Im niederösterreichischen Landtag wird ein Gesetz an- 
genommen mit 37 gegen 24 Stimmen, betreffend Abänderung des 
Wiener Gemeindestatuts, wodurch es künftig einer verhältnismäßig 
kleinen Fraktion (im speziellen Fall den Antisemiten) unmöglich 
gemacht werden soll, durch Fernbleiben von den Sitzungen eine 
chronische Beschlußunfähigkeit des Gemeinderats herbeizuführen. 
3. März. (Pest.) Das Abgeordnetenhaus stimmt der Er- 
höhung der Diäten der Abgeordneten auf jährlich 2400 Gulden und 
800 Gulden Wohnungsgelder zu. 
Anfang März. Nachdem Plener eine gegen die Tschechen 
versöhnliche Parlamentsrede gehalten, wird viel über eine bevor- 
stehende Verständigung zwischen Deutschen und Jungtschechen ge- 
Fprochen. 
Der Abg. Sommaruga erklärt im Bürgerverein, eine deutsch-jung- 
tschechische Verbindung sei vorläufig eine Utopie; vorerst müßte der natio- 
nale Ausgleich geschaffen werden, das böhmische Staatsrecht müßte aufge- 
zeben werden, ehe die Deutschen mit den Jungtschechen sich vereinigen 
nnten. 
13. März. (Troppau.) Bei der Reichstagstichwahl siegt der 
Deutschliberale Demel mit nur 15 Stimmen Majorität über den 
Deutschnationalen Dr. Pommer. 
17. März. (Wien.) Das Abgeordnetenhaus beschließt unter 
Zustimmung der Regierung einstimmig eine Ehrendotation für den 
bisherigen Präsidenten Smolka, der sich hochbetagt von seiner 
Thätigkeit zurückzieht. 
17. März. (Pest: Abgeordnetenhaus.) Ministerpräsident Dr. 
Wekerle erklärt, die Regierung betrachte die Durchführung ihres 
kirchenpolitischen Programms als conditio sine qua non ihres Be- 
standes. 
Tags zuvor hatte sich der Ministerpräsident in eingehender Weise 
über die vom Abgeordneten Asboth angeregte Frage einer Inanspruch- 
nahme der römischen Kurie durch den früheren Ministerpräsidenten Kolo- 
man Tisza ausgelassen. U. a. bemerkte Herr Dr. Wekerle: 
„Die Thatsache an sich, daß in gewissen Fragen, welche das religiöse 
Empfinden betreffen oder damit zusammenhängen, der Einfluß des Heiligen 
Stuhles in Rom in Anspruch genommen wird, kann nicht in dem Maße 
bemängelt werden, daß sie sofort als Einmischung in die inneren Ange- 
legenheiten oder gar als unpatriotisch deklariert werden müßte (Zustimmung 
rechts), und jeder Regierung die Pflicht auferlegt wird, wenn etwas der- 
artiges einmal geschehen ist, die Sache sofort aufzuklären. (Rufe auf der
	        
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