GErehbritannien. (April 25. — Mai 3.) 211
nochmals die beiden Führer und Vorkämpfer Balfour und Glad-
stione auf. Dann erfolgte die Abstimmung. Die Spezialdebatte,
deren Beginn der Premier auf den 4. Mai anberaumen will, wurde
mit 347 gegen 304 Stimmen beschlossen.
25. April. Der Lordmajor von London empfängt im Mansion-
House gegen 200 hervorragende Delegierte aus Ulster.
Der Wortführer der Delegierten, Sir W. Ewart, erklärt, die Be-
völkerung von Ulster sei entschlossen, ein inländisches Parlament in Dublin
nicht anzuerkennen; sie beabsichtige, eine Versammlung von 600 Delegierten
zu wählen, welche die erforderlichen Maßnahmen beschließen und leiten solle
für den Fall, daß die Homerule-Vorlage zum Gesetz werden würde. In-
zwischen würden alle über 16 Jahre alten Wehrfähigen gemustert und ein-
geschrieben werden. Man werde es versuchen, sich mit den Brüdern im
Norden Irlands in Ruhe und Frieden zu verständigen. Sollte es aber
dessen ungeachtet zum Bürgerkrieg kommen, so werde die Verantwortung
für das vergossene Blut auf das Haupt Gladstones und John Morleys
fallen. Der Lordmajor erwidert den Delegierten sehr freundlich, er erkenne
die große Wichtigkeit der Frage vollständig an und teile ihr Mißtrauen
bezüglich der Homerule-Vorlage. Aber, wenn fie auch die Pflicht hätten,
die Vorlage mit allem Nachdruck zu bekämpfen, so müßten sie sich dennoch
unbedingt auf die konstitutionellen Wege beschränken.
Ende April. Attentat auf Gladstone durch einen geistig Ge-
störten namens Townsend.
1. Mai. (Unterhaus.) Bei Beantwortung von Dilke's An-
frage, ob jetzt nicht der Zeitpunkt gekommen sei, um die Verwirk-
lichung der von verschiedenen Administrationen in betreff der Räu-
mung Agyptens gegebenen Zusicherungen in Erwägung zu ziehen,
äußert sich Gladstone wesentlich anders, als er im vorigen Jahre
als Führer der Opposition während des Wahlkampfes es gethan.
Damals hatte er gegen die unbegrenzte Fortdauer der Okkupation
gedonnert und es lebhaft beklagt, daß die Regierung durch ihre Weigerung,
über die baldige Zurückberufung der Truppen zu verhandeln, Frankreichs
Sympathien sich entfremde; gestern im Unterhause sprach er sich in sach-
licher Hinsicht genau so aus, wie sein Amtsvorgänger Lord Salisbury es
gethan haben würde. Er erkannte an, daß England nicht berechtigt sei,
für ewige Zeiten in Aegypten zu bleiben und das Pharaonenland zu einer
Dependenz des Britischen Reiches zu machen, aber er lehnte es entschieden
ab, irgend einen Zeitpunkt für die Räumung in Aussicht zu nehmen. Ehe
die im Augenblick der Okkupation übernommene Verpflichtung, am Nil voll-
kommen geordnete und gesicherte Zustände herzustellen, nicht gelöst sei, könne
die segensreiche englische Kontrolle nicht aufhören. Wann es möglich sein
werde, Aegypten wieder den Aegyptern zurückzugeben, vermöge er nicht voraus-
zusagen. In absehbarer Zeit werde es, wie Vorgänge neueren Datums in
Kairo gezeigt hätten, kaum der Fall sein.
3. Mai. Verlobung des Prinzen Georg, Herzog v. York mit
der Prinzessin Mary v. Teck, der Braut seines verstorbenen Bruders.
3. Mai. (Unterhaus.) Der gesetzliche Achtstundentag für
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