Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunter Jahrgang. 1893. (34)

Frankreich. (März 12.—23.) 229 
Lesseps erklärte, er sei, um der Emission zu einem Erfolge zu ver- 
helfen, genötigt gewesen, den Forderungen gewisser Bankiers und gewisser 
Journale genüge zu thun, und fügte hinzu, die Regierung selber hätte zu 
solchen Dingen ermutigt. Der Präsident forderte hierauf Lesseps auf, die 
Regierung in Ruhe zu lassen. (Andauernde Unruhe). Der Präsident droht, 
den Saal räumen zu lassen. Lesseps erzählte darauf, wie Blondin ihm zu 
verstehen gab, daß Balhaut einen Gesetzentwurf über die Los-Obligationen 
einbringen würde, wenn er eine Million erhielte. Er (Lesseps) habe die 
Ueberzeugung gewonnen, daß der betreffende Gesetzentwurf ohne ein solches 
Opfer nicht eingebracht werden würde, und habe deshalb an Bashaut 375,000 
Francs gezahlt. 
Der Präsident befragte Lesseps über die an Reinach gezahlten Sum- 
men. Lesseps sagte aus, Reinach habe von ihm 10 bis 12 Millionen ver- 
langt, um von den Forderungen des Baron Herz loszukommen. Er (Lesseps) 
habe sich geweigert, aber Freycinet habe ihn zu sich rufen lassen und ihn 
aufgefordert, einen unangenehmen Prozeß zu vermeiden. Er habe darauf 
5 Millionen an Reinach gezahlt. Uebrigens hätten Clémenceau und Floquet 
ihm gegenüber dieselbe Sprache wie Freycinet geführt. 
12. März. Der Justizminister Bourgeois, gewisser Durch- 
stechereien mit dem Angeklagten Cottu im Panama-Prozeß beschul- 
digt, demissioniert, um als Zeuge vor Gericht und als Deputierter 
in der Kammer um so freier jene Beschuldigungen widerlegen zu 
können, was ihm gelingt. 
15. März. Bourgeois übernimmt wieder das Portefeuille 
als Justizminister. 
17. März. (Paris.) Der Präsident des Senats, Jules 
Ferry #; Nachfolger Ferrys wird Challemel-Lacour. 
21. März. (Panama-Prozeß.) Die Geschworenen verur- 
teilen Blondin, Lesseps und Bathaut; Fontane, Sansleroy, Beral, 
Duguê de la Fauconnerie, Gobron und Antonin Proust werden 
freige-sprochen. 
Charles de Lesseps und Blondin werden mildernde Umstände zuge- 
billigt. Lessepx wird zu 1 Jahre Gefängnis, Blondin zu 2 Jahren Ge- 
fängnis verurteilt. Das Urteil gegen Baihaut lautet auf 5 Jahre Gefäng- 
nis, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und eine Geldstrafe von 750,000 
Francs. Bakhaut, Blondin und Lesseps werden außerdem auf Antrag der 
Zivilparteien zu einem vom Staat festzusetzenden Schadenersatz, sowie zur 
Zahlung von 375,000 Frcs. an den Liquidator der Panamas-Gesellschaft, 
Monchicourt, verurteilt. 
23. März. (Deputiertenkammer.) Beratung der Inter- 
pellation Millevoyes über die Panama-Angelegenheit. 
Millevoye begründet seine Interpellation und macht Rouvier zum 
Vorwurf, von Vlasto Geld für die Geheimfonds gefordert zu haben. Mille- 
voye verlangt alsdann Aufklärungen bezüglich Herz, welcher der Agent eines 
auswärtigen Staates gewesen sei, sowie bezüglich der von Clémenceau, Floquet 
und Freycinet in der Panama-Angelegenheit unternommenen Schritte. Schließ- 
lich wirft Millevoye die Frage auf, aus welchem Grunde man nicht alle 
Schuldigen verfolgt habe. (Beifall rechts und bei den Boulangisten.) Bour-
	        
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