Erankreich. (März Ende — April 6.) 231
mit dem Senat. Die Trennung der Getränkesteuerreform von dem
Budget wird hierauf mit 247 gegen 242 Stimmen abgelehnt. Darauf
demissioniert das Ministerium.
Die Majorität gegen das Kabinett hatte bestanden aus 117 Mit—
gliedern der Rechten, 28 Boulangisten und 102 Abgeordneten der Linken,
zum größten Teil Radikalen und Sozialisten; der Minorität gehörten an
227 Republikaner und 15 Konservative. Der Stimmabgabe hatten sich ent-
halten 34 Republikaner, 5 Monarchisten und 1 Boulangist; 8 Mitglieder
des ausss waren im Engquete-Ausschuß beschäftigt und 31 auf Urlaub
abwesen
Ende März. Der Senat ermäßigt die Steuer auf Velozi—
pede, welche die Kammer auf 10 Fres. festgesetzt hatte, auf 5 Fres.
Er lehnt außerdem die Steuer auf Pianos und Livreen ab und
votiert die Trennung der Getränkesteuer-Reform vom Budget.
4. April. Nachdem Meline mit der Kabinettsbildung ge—
scheitert und Cafimir Périer die Aufgabe abgelehnt, bildet Dupuy
ein neues Ministerium.
Außer dem Konseilpräsidenten Dupuy, der zugleich das Portefeuille
des Innern übernommen hat, gehören ihm an: Abg. Develle (Aeußeres),
Abg. Peytral (Finanzen), Senator Guéêrin (Justiz), General Loizillon (Krieg),
Admiral Rieunier (Marine), Abg. Poincaré (Unterricht, Schöne Künste und
Kultus), Abg. Viette (öffentliche Arbeiten), Abg. Terrier (Handel und Ko-
lonien) und Abg. Viger (Ackerbau). Der Abg. Delcassé bleibt Unterstaats-
sekretär der Kolonien.
6. April. (Senat.) Der Conseilpräsident Dupuy verliest im
Senat und der Siegelbewahrer Guérin in der Kammer folgende
ministerielle Erklärung:
„Meine Herren! Die Regierung, welche sich Ihnen vorstellt, gibt
sich über die Schwierigkeiten der Lage keiner Täuschung hin; aber die im
Lande herrschende tiefe Ruhe und sein ausdauerndes Vertrauen zur Republik
flößen ihr Mut ein. In dieser Stimmung erblicken wir den Beweis, daß
die schmerzlichen Zwischenfälle der letzten Monate, ungeachtet gewisser Be-
mühungen, sie zu politischen Zwecken auszubeuten, weder der Republik in
ihrem kräftigen Wachstum noch dem Vaterlande in seinem überlieferten
Rufe der Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit etwas anzuhaben vermochten. Eine
Lehre aber ergibt sich aus diesen Prüfungen: daß nämlich Wohlstand und
Reichtum nur durch Arbeit erworben und nur durch Reinheit der Sitten
und würdigen Lebenswandel erhalten werden. Diese Lehre hat das natio-
nale Gewissen verstanden. Wir dürfen daher vertrauensvoll der Zukunft
der Republik entgegenblicken. Täglich bestätigt das in den verschiedensten
Landesteilen befragte allgemeine Stimmrecht seine früheren Errungenschaften
und fordert andere, welche die demokratischen Bestrebungen und die republi-
kanischen Einrichtungen allmählich in Einklang bringen. Der Tag naht,
an dem die gegenseitige Verschmelzung, die endgültige Identifizierung Frank-
reichs und der Republik diesen Einklang noch erleichtern wird. Wir werden
nicht vergessen, daß das sicherste Mittel, dieses Resultat, das die Kräfte des
Vaterlandes vervielfältigen wird, zu beschleunigen, darin liegt, auf allen
Stufen der Hierarchie im Interesse des Gesamtwohls die Verwaltung pünkt-
lich und im Geiste des Wohlwollens und der Gerechtigkeit zu führen. Sie