IStalien. (Oktober 23.—November 5.) 255
diesem Glauben blickt Italien auf den König, einen Fürsten, würdig des
großen Namens, den er trägt, und der Krone, die ihn schmückt."“
23.—29. Oktober. Aufenthalt der englischen Flotte in Spezia.
26. Oktober. Bei einem Bankett der piemontesischen Depu-
tierten hält Giolitti eine Rede, in welcher er sich gegen den In-
halt des Briefes Rudinis an seine Wähler wendet, der das Mini-
sterium mit berechneter Heftigkeit angegriffen habe:
Bezüglich der in der Militärfrage geübten Kritik sei er fest über-
zeugt, daß das Parlament nicht seine eigenen Beschlüsse in dieser Frage
aufheben werde. In betreff der Finanzen sei er mit Rudini einig, daß es
Pflicht sei, das Gleichgewicht im Budget alsbald herbeizuführen, sich der
Aufnahme von Anleihen im Auslande zu enthalten und außer Ersparungen
auf Erhöhung der Einnahmen bedacht zu sein. Eine Meinungsverschieden-
heit bestehe nur bezüglich der Ausführung. Das jetzige Kabinett habe neue
Ersparnisse gemacht und die in dem Budget vorgesehenen, aber von seinen
Vorgängern nicht realisierten Ersparungen durchgeführt. Auf das frühere
Kabinett falle die Verantwortung, wenn im Budget 1891.92 die unerhörte
Ziffer von 28 Millionen Mehrausgaben gegen nur 9 Millionen Ersparnisse
figurierten. Das gegenwärtige Kabinett habe sich im Gegenteil nicht damit
begnügt, Ersparungen ins Budget einzustellen, sondern sie auch ernstlich
durchgeführt. Das jetzige Ministerium habe nicht einen Kilometer Eisen-
bahnen neu begonnen und sich lediglich darauf beschränkt, die früher be-
gonnenen Arbeiten zu bezahlen mit den Beträgen, welche für neue Bauten
bestimmt waren. Giolitti widerlegte sodann die Einwendungen Rudinis
gegen die von ihm in dem Programm von Dronero dargelegten finanziellen
Vorschläge. Er hätte erwartet, von Rudini bekämpft zu werden, aber er
habe nicht erwartet, daß Rudini von einer Verschlechterung der Budget-
verhältnisse sprechen würde, denn seit zehn Jahren seien keine so günstigen
Resultate gewesen, wie diejenigen des Budgets für 1892 93. Warum also
von einer Verschlechterung der Budgetverhältnisse sprechen und durch un-
wahre Behauptungen die Feinde im Innern und im Auslande unterstützen,
welche gegen den italienischen Kredit einen sehr ungerechten Krieg führten?
Auf den rhetorischen Teil seines Programmes werde er Rudini nicht folgen.
Gegenüber Rudinis finanziellen Vorschlägen mit administrativen Reformen
frage er, warum denn Rudini während seiner Regierung nichts von alledem
im Parlamente vorgelegt habe. Darauf wies Giolitti lebhaft die Behaup-
tung Rudinis über die Bankfrage zurück und schob die Verantwortlichkeit
in dieser Frage auf das Kabinett Nudini. Eine Erklärung für die un-
gewohnte Heftigkeit des Angriffs finde man, wenn man Rudinis Aeußerungen
über die politischen Parteien betrachte. Für eine Partei, wie die Rechte,
welche eine so große Vergangenheit habe, sei es demütigend, sich durch ihren
Führer desavoniert zu sehen, welcher sage, es gebe keine Rechte mehr. Gio-
litti fügt hinzu: „Dieses schmergliche Schauspiel muß unsere Partei von
der Notwendigkeit überzeugen, ihre Reihen fester zu schließen und sich gegen
Nachstellungen zu sichern, welche zur Spaltung führen; es muß uns lehren,
energisch an der Wiederherstellung der ökonomischen Lage des Landes zu
arbeiten und Thaten den Worten entgegenzusetzen."
5. November. (Nom.) Eine unter dem Vorsitze des Abg.
Sonnino abgehaltene Versammlung von 23 Mitgliedern des Zen-
trums beschließt eine unabhängige Partei zu bilden, dem Mini-